9. September 2013

Kinderkrippen und die Liebe

Man muss Sven Hannawald, dem Skispringer, Respekt zollen, wie er seine Burnout Erkankung öffentlich machte. Wohl nicht jeder hat den Mut und die Größe öffentlich zu bekennen, dass er eben nicht der Superheld ist, wie das so gerne bei Prominenten, und Sportlern sowieso, angenommen wird. Nun kommt seine Autobiographie in den Buchhandel, weshalb Hannawalds Erkrankung, die ja schon lange bekannt war, wieder von den Medien aufgegriffen wurde. Das Bild eines sensiblen Mannes wird gezeichnet, einer der beinahe an der Knochen- und Nervenmühle Leistungssport zu Grunde gegangen ist. Das kommt an, dies wollen die Leute lesen, passt es doch in das Bild von einer kalten Leistungsgesellschaft, in der die Menschen nur nach ihren Erfolg bemessen werden.

Ob der Leistungsdruck der durch den Leistungssport entsteht wirklich dafür verantwortlich ist, dass Menschen daran zerbrechen, muss in Frage gestellt werden. Es mag noch noch viele Fälle geben die nicht an die Öffentlichkeit gelangen, dennoch scheint es doch wohl eher so zu sein, dass Bournout bei Leistungssportlern nicht häufiger vorkommt, als bei anderen Menschen die erstens nicht in der Öffentlichkeit stehen, und zweitens ganz normalen Berufen nachgehen. Woran es liegt, dass jemand erkrankt, wird man als Beobachter sowieso kaum erahnen können. Diese Diagnosen, wonach ein von außen herangetragener Leistungsdruck dafür verantwortlich ist, dienen nur zur Bestätigung der eigenen Auffassung, dass eben unsere Gesellschaft kalt und rücksichtslos ist.

So einfach hat es sich Sven Hannawald nicht gemacht, er wollte wissen warum was mit ihm geschieht. Stationärer Aufenthalt und fünfjährige Psychotherapie sprechen eine deutliche Sprache. Er hat nicht locker gelassen und wurde dafür belohnt. Die Erkrankung scheint überwunden und ein neuer Platz im Leben gefunden.

Interessanterweise nennt er im aktuellen SPIEGEL ein Ereignis welches ihn schon im Alter von nur 6 Monaten prägte. In der DDR war es üblich Kleinkinder schon sehr früh in Kinderkrippen zu geben, die Mütter sollten, wollten, mussten wieder zur Arbeit gehen und ein nennenswertes Problem mit der Anzahl der Kirppenplätze gab es kaum. Da achteten die Genossen darauf, nicht zuletzt um Einfluss auf die Entwicklung der Kinder zu nehmen. Das sozialistische Kollektiv begann schon in der Kinderkrippe. Damit einher ging der Versuch, teils mit subtilen Methoden, die Kinder zu indoktrinieren, sie schon rechtzeitig auf den Weg hin zu entwickelten sozialistischen Persönlichkeiten zu bringen. Dieser Versuch ist schief gegangen, das einzige was sie geschafft haben, war, Generationen zu Opportunisten zu machen, die als dann als es möglich wurde, ihre scheinbar entwickelte sozialistische Persönlichkeit ganz schnell an der Garderobe abgeben haben.

Doch darum geht es Hannawald nicht, für ihn war entscheidend, dass er im Alter von nicht einmal einem Jahr von Mutter und liebenden Bezugspersonen getrennt wurde:
"Da habe ich einen Knacks erlitten. Dadurch hatte ich später Probleme, Menschen nah an mich heranzulassen, weil ich keinen Verlust erleiden wollte."
Wir müssen diese Äußerung ernst nehmen, gerade von jemanden der über Jahre mit psychologischer Hilfe versucht hat, die Ursache seiner Erkrankung zu ergründen. Mag sein, dass die Anforderungen des Leistungssports ein übriges dazu getan haben, vor allem als die Erfolge ausblieben, doch die Grundlagen, dass es zur Erkrankung kommen konnte, die wurden offensichtlich im frühkindlichen Alter gelegt.

Kalt und Rücksichtslos ist die Gesellschaft tatsächlich, vielleicht aber auf eine ganz andere Weise als man gemeinhin lesen kann. Wer Bedingungen schafft, dass Kinder in eine Kinderkrippe abschoben werden müssen, oder die gesellschaftspolitschen Argumente dafür liefert, dass dies gar als Dienst am Kind gesehen wird, der ist möglicherweise die wirkliche Ursache dafür, dass die Betroffenen unsere Gesellschaft lieblos empfinden. Und kalt. Und rücksichtslos.

Nicht ein mehr an Kinderkrippen sollte das Ziel sein, sondern ein weniger. Jedes Kind das dorthin abschoben wird, werden muss, ist eines zuviel. Familien werden auch in Zukunft finanzielle Einbußen haben, wenn sie auf die Kindergrippe verzichten, der Staat wird diese Verluste nicht ausgleichen können, aber ein bisschen könnte er noch helfen, wenn beispielsweise auf diesen unsäglichen Krippenausbau verzichtet wird, und man dafür den Familien etwas mehr unter die Arme greift.

Dazu braucht die Gesellschaft, und die Politik, aber Vertrauen in die Familien. Diese sind vielleicht pädagogisch nicht immer auf dem neuesten Stand, und demzufolge werden auch Fehler in der Erziehung gemacht, dafür geben sie aber dem Kind ein Grundvertrauen mit, vor allem durch Liebe - etwas was keine Kinderkrippe leisten kann.

1 Kommentar :

  1. Vielen Dank für den Artikel,
    ich sehe es ähnlich. Man sollte den Eltern die freie Wahl lassen wofür sie sich entscheiden. Unterstützen sollte man sie in dem Sinne, dass man den Eltern, nicht der Ehe mehr Geld lässt!
    Da dies sehr wahrscheinlich ein Wunschtraum bleiben wird wegen Profilierungssucht der Politiker, wäre schon sehr geholfen, wenn man beide Arten der bisher propagierten Kindererziehung gleichermaßen fördern würde...
    Ich freue mich schon auf die gällende Lehre in Kitas, wenn sich Eltern für die 1200€ entscheiden ihre Sprösslnge daheim zu betreuen;-)
    Grüße Brutha

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