7. Juli 2014

Über Computersimulation in der Klimaforschung

Der Medienwissenschaftler Sebastian Vehlken arbeitet zur Theorie und Geschichte der Computersimulation und beschäftigt sich mit Schwarmforschung und Supercomputing.
Ausschnitt aus einem Beitrag in den «Stimmen der Kulturwissenschaften»:



Teilweise Mitschrift aus dem hier gezeigten Video:
Computersimulationen beruhen ja nicht unbedingt auf gesicherten Daten die ich dann projiziere und dabei immer der Unterschied gemacht: Projektion und nicht Prognose. Wenn ich mich mit Zukunft beschäftige, im Zusammenhang mit Computersimulationen, dann geht es darum Projektionen zu erstellen, Szenarien zu erstellen, die immer im Plural sind, eigentlich. Und nicht die Zukunft im System. Da können wir ein Beispiel aus der Klimatologie herausgreifen. Letztens, ein Vortrag bei uns im Institut. Und da ging es darum, ok, der Vorwurf an Klimamodelle ist immer: „Eure Datenbasis ist nicht breit genug, Und dann sagte uns die Forscherin, die uns den Vortrag gegeben hat: „Andererseits sagen uns die Simulationisten, die Modelle laufen sehr gut, und dann kriegen wir Daten reingespielt, von irgendwelchen Sonden in der Antarktis, ..., und das passt auf ein mal gar nicht mehr.” Warum passt das nicht? Oft deswegen weil die Sonde kaputt gegangen ist, oder die Messwerte einfach irgendwie fehlerhaft sind. Das heißt, ich habe oftmals Systeme, wo ich kaum verlässliche Daten produzieren kann.

Ich brauche aber, sozusagen, dennoch Modelle. Und mittlerweile, ..., 20-30 Jahre Klimaforschung die simulationsbasiert ist, sind die Modelle dermaßen komplex geworden, dass sie sozusagen ein Eigenleben entwickeln. Und das manchmal Meßdaten einfach nur stören. In den Modellen sind teilweise Annahmen drin, die gar nicht physikalisch validierbar sind. Also künstliche Faktoren. Parametisierungen ohne Ende. Da gibt es keine empirische Datenbasis dafür. Da gibt es ... ein komplexes System und dann gibt es ein experimentieren mit diesem komplexen System, was mein Klimawandel dann ist. Und dann sieht man ok, wenn ich hier den Parameter einführe, von ich gar nicht weiß. ob er existiert ... .


Kurz und gut, die Modelle, speziell die Klimamodelle, mögen gute Werkzeuge sein, für Prognosen taugen sie nicht, und die Projektionen sind mit so vielen Unsicherheiten behaftet, dass man sie als Basis für politische Entscheidungen keinsfalls verwenden sollte.

3 Kommentare :

  1. Sehr geehrter Quentin Quencher, zu Ihrer Aussage: "Kurz und gut, die Modelle, speziell die Klimamodelle, mögen gute Werkzeuge sein, für Prognosen taugen sie nicht, und die Projektionen sind mit so vielen Unsicherheiten behaftet, dass man sie als Basis für politische Entscheidungen keinesfalls verwenden sollte."

    Ich spreche es gleich unumwunden aus, was mir an dieser Art der Einschätzung nicht gefällt, ist dass der Autor (wie auch bei vielen anderen Autoren auch zu beobachten) ein Bauchgefühl von sich gibt, ohne das richtig einordnen zu können. Viele glauben, dass Modelle und Vorhersagen sich binär bewerten lassen. Sie funktionieren oder funktionieren nicht oder sie stimmen oder stimmen nicht. Das was die Modelle können wird in der Wissenschaft nicht Schwarz-Weiß gesehen, sondern sehr differenziert betrachtet. Wer aber so denkt, hat wesentliche Motivationen von Modellbildungen und Vorhersagen nicht mitbekommen. Es geht nicht um eine zwanghafte Bestimmung eines Zustandes zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt. Es geht auch nicht um ein 1:1-Nachbau der Welt im Computer bis auf Atomebene. Um es verkürzt auszudrücken, es geht für die Wissenschaft um ein besseres Verständnis eines Systems. Man möchte herausbekommen, wie es tickt, welche Dynamiken wirken, welchen Charakter das Ganze hat. Für das Verständnis des Klimas haben diese Modelle schon eine Menge geholfen, Klimawissenschaftler können Ihnen da Auskunft geben.

    Wer übrigens glaubt, dass ohne die Klimamodelle man zu ganz anderen Schlüssen sowohl in der Klimaforschung wie auch in der Politik kommen würde, der sollte das für sich nochmal kritisch hinterfragen. Welchen quantitativen Einfluss in der Energiebilanz der Atmosphäre allein eine Verdoppelung des CO2-Gehalts hat, kann man ganz ohne komplizierte Simulationen berechnen. Auch welche Rückkoppelungseffekte das nach sich zieht, ist weitgehend bekannt und kann grob abgeschätzt werden. Das was zusätzlich Klimamodelle abbilden können, sind zeitliche Dynamiken im Zusammenspiel der einzelnen Komponenten wie Atmosphäre, Lithosphäre, Weltmeere usw. und deren Einfluss auf Albedo, Vegetation, Wasserdampf etc.

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  2. Herr Hader,

    dass ist kein Bauchgefühl, sondern die logische Schlussfolgerung aus den Erläuterungen von Sebastian Vehlken.

    „Das was zusätzlich Klimamodelle abbilden können, sind zeitliche Dynamiken im Zusammenspiel der einzelnen Komponenten wie Atmosphäre, Lithosphäre, Weltmeere usw. und deren Einfluss auf Albedo, Vegetation, Wasserdampf etc.“

    Nun, sie versuchen es, nur an der Realität gemessen, sind noch weit davon entfernt diese darstellen zu können. Sie sind brauchbare Instrumente zum Erkenntnisgewinn, aber völlig ungeeignet daraus politische Forderungen abzuleiten.

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  3. "Nun, sie versuchen es, nur an der Realität gemessen, sind noch weit davon entfernt diese darstellen zu können."

    Sehr geehrter Quentin Quencher, ohne Ihnen zu nah treten zu wollen, aber Sie glauben als naturwissenschaftlicher Laie das beurteilen zu können? Verstehen Sie mich nicht falsch, ich spreche ihnen da nicht das Recht auf eine eigene Meinung ab.

    "Sie sind brauchbare Instrumente zum Erkenntnisgewinn, aber völlig ungeeignet daraus politische Forderungen abzuleiten."

    Da kommen wir wohl zum Kernpunkt der Debatte. Die Politik und die dort beteiligten Kräfte entscheiden selbst, welche Forderungen sie ableiten, nicht die Wissenschaft. Wenn sich beispielsweise die Politik mehrheitlich für einen EZB-Rettungsfonds entscheidet, dann ist das genauso legitim, wie wenn man sich darauf verständigt, lieber weniger Emissionen rauszupusten, auch wenn die gesicherten Zusammenhänge im ersten Fall wesentlich wackeliger sind als im zweiten Fall. Die Argumentation, man dürfe keine politischen Entscheidungen in Sachen Klima fällen, weil die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu unsicher sind, entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn man einfach mal darauf achtet, unter welchen ungesicherten Annahmen wir sonst (politische) Entscheidungen treffen.

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