29. November 2014

Der DGB und die Rückkehr zur Realität

Der Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende Gabriel hat derzeit viele Widersacher. Kohlekraftwerke, TTIP und CETA, kaum ein Thema wird nicht kontrovers diskutiert, und überall sitzt er zwischen allen Stühlen. Parteitagsbeschlüsse, der potentielle grüne Bündnispartner, die Umweltministerin, Gegenwind von allen Seiten. Die ehemaligen grünen Verbündeten, die auf Länderebene natürlich immer noch welche sind, in den Köpfen vieler Sozialdemokraten sowieso, beginnen in Gabriel ein neues Feindbild zu entwickeln. Ein ehemaliger Bündnispartner der Sozialdemokraten schlägt sich allerdings auf Gabriels Seite: Die Gewerkschaften. Zumindest in einem Punkt, die Kohlekraftwerke betreffend. Die will Gabriel, im Gegensatz zu seiner Parteigenossin Hendricks, nicht so schnell abschalten. Bis vor kurzem waren auch die Gewerkschaften ebenfalls voll auf der grünen Linie, meinten einer Vorreiterrolle Deutschlands im Klimaschutz das Wort reden zu müssen, versprachen sich neue Jobs bei den sogenannten "Erneuerbaren Energien", die Energiewende wurde als Chance gesehen, und die Notwenigkeit eines Strukturwandels in Wirtschaft und Gesellschaft nicht in Frage gestellt.

Das scheint vorbei zu sein. Wie dieser Sinneswandel gekommen ist, ob durch Druck der Basis, oder wegen eines wieder erwachenden wirtschaftlichen Sachverstandes, ist zumindest mir nicht klar. Vielleicht gibt es mehrere Gründe. Tatsache ist nur, diesen Sinneswandel gibt es, am deutlichsten an einer von den Gewerkschaften gestarteten gemeinsamen Unterschriftenaktion mit dem Titel »Für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze!«, erkennbar. Nicht eine kleine Gewerkschaft, oder eine mit Partikularinteressen, steht hinter diesem Aufruf, sondern gleich der DGB. Neben dem Logo des DGB sind im dazu gehörigen PDF, noch die von den Gewerkschaften Verdi, Gewerkschaft der Polizei, Nahrung-Genuss-Gaststätten, IG-Metall, EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft), IG Bergbau-Chemie-Energie, IG Bau-Agrar-Umwelt, zu sehen. Es ist also ein breites Bündnis von Gewerkschaften entstanden, welches sich für bezahlbaren Strom und für gute Arbeitsplätze einsetzt, diese gefährdet sieht und die
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel, sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister Gabriel, sehr geehrte Ministerpräsidentinnen, sehr geehrte Ministerpräsidenten,
dazu auffordert:
Sorgen Sie für eine Energiewende mit einem wirtschaftlichen, innovativen und sozialverträglichen Energiemix aus erneuerbaren Energien, Kohle und Gas. Sorgen Sie für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze!
Wie so meist bei derartigen Texten, erschließt sich die Aussage erst bei der Analyse der verwendeten Worte, vor allem der Adjektive. Bezahlbarer Strom und gute Arbeitsplätze. Mit aller Kraft wollen sich die Gewerkschaften dagegen wehren, dass aus ideologischen Motiven Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt werden. Was diese Motive sein könnten, darauf geht das DGB-Papier nicht ein, nur auf die Auswirkungen:
Es sind bereits zu viele Arbeitsplätze verloren gegangen.
Vordergründig ist man dort natürlich noch für die Energiewende, stellt aber klar:
Bei allen Entscheidungen zur Energiewende muss der Maßstab sein, dass unsere Arbeitsplätze in der Energieerzeugung wie in den energieintensiven Wirtschaftszweigen gestärkt und gesichert werden. Die Energiewende ist dann eine große Chance, wenn sie zu mehr Beschäftigung führt, statt gute Arbeit zu vernichten.
Maßstab ist also nicht irgendeine Ideologie, wie solche die von einer angeblich notwendigen Dekarbonisierung sprechen, sondern Versorgungssicherheit, bezahlbarer Strom und gute Arbeitsplätze. Weiter wird noch wirtschaftliche und soziale Vernunft angemahnt. Insgesamt, so könnte man meinen, dieses DGB-Papier könnte auch von der Arbeitgebervereinigung der CDU geschrieben sein, oder von den Liberalen. Insbesondere letztere würden sich die Formulierung »gute Arbeitsplätze« freuen. Die guten sind nämlich die die wirtschaftlich sind und ohne Subventionen auskommen. Davon sind schon viele verloren gegangen.

Sollten die Gewerkschaften sich tatsächlich nicht mehr von einer ideologisierten Energiewende, und deren vorgeblichen Anspruch die Welt retten zu müssen, blenden lassen und wieder das Wohl ihrer Mitglieder, sowie auch der Industrie insgesamt, ohne die es die Gewerkschaften gar nicht gäbe, besinnen, dann ist der Weg zu einem breiten Bündnis offen. Ein Bündnis welches quer durch die Parteien geht. Sozialdemokraten, die noch für das stehen was die Sozialdemokratie eben immer ausmachte, zusammen den Unternehmern in der Union, den Mittelstandsvereinigungen bis hin zu den HarzIV Beziehern. Alle die können mit einer ideologischen Weltrettung wenig anfangen, sondern sind an pragmatischen Lösungen interessiert, die nicht zuletzt auch zu einem Mehr an Wohlstand und Gerechtigkeit und sozialem Ausgleich führen. Genau das Gegenteil ist aber die Energiewende derzeit. Schön, dass den Gewerkschaften ein Licht aufgegangen scheint. Nun müssen nur noch die Sozialdemokraten diese Steilvorlage nutzen und sich wieder zum Anwalt sowohl der kleinen Leute, als auch der Wirtschaft machen. Nach allem was von Gabriel in letzter Zeit diesbezüglich hört, scheint ihm auch dieses Licht aufgegangen zu sein.

Hier geht es zur offenen Unterschriftenaktion des DGB


3 Kommentare :

  1. Nun ja, ich denke trotzdem, dass zwischen den Forderungen der meisten Klimaskeptiker und dem DGB immer noch Welten liegen. Letztere sind ja prinzipiell nicht gegen EE und sie sehen auch die Notwendigkeit, dass es ein "weiter so" im Sinne von immer mehr fossilen Rohstoffe verbrennen nicht funktioniert. Dahingegen wirken Klimaskeptiker wie eine radikale Fundamentalopposition, die gegen alles sind, was auch nur ansatzweise einen grünen Anschein hat. Deshalb findet das auch kaum Zuspruch in der Bevölkerung. Selbst Leute, die die Energiewende kritisch sehen, empfinden Ansichten eines Herrn Limburg wie man neulich nachlesen konnte, wie von einem "Lobbyisten der konventionellen Energien".

    Da ich die Skeptiker nun seit einigen Jahren kenne, ahne ich natürlich, wie man so einen Aufruf des DGB interpretiert. Tja, die Erfahrung zeigt auch, dass Monate und Jahre vergehen werden, ehe Skeptiker mitbekommen, dass die alles andere als die eigenen Ziele verfolgen.

    Zu dem Aufruf selbst, da heißt es u.a. "Wir wollen eine Energiewende ohne Arbeitsplatzrisiko". Mir scheint das eine deutsche Eigenheit zu sein, bei neuen Entwicklungen sich immer zu wünschen, dass davon kein Risiko für den bisherigen Alltag ausgeht. Das wird es aber aus meiner Sicht nicht geben. Selbst die Industrielle Revolution bedeutete für bestimmte Arbeitstätigkeiten ein Risiko, dass diese verschwinden werden und so geschah es auch. Die Industrielle Revolution brachte Wohlstand aber zeitweise auch hohe Arbeitslosigkeiten. Der Satz vom DGB hört sich an nach der Bitte für eine Energiewende ohne Risiko und das ist schon irgendwie naiv. Nachvollziehen kann man so eine Forderung schon, weil Gewerkschaften die Sicherung von Arbeitsplätzen über alles stellen (was auch zu einer Ideologie werden kann).

    "Maßstab ist also nicht irgendeine Ideologie, wie solche die von einer angeblich notwendigen Dekarbonisierung sprechen, sondern Versorgungssicherheit, bezahlbarer Strom und gute Arbeitsplätze."

    Alles auf Versorgungssicherheit, bezahlbaren Strom und "gute" Arbeitsplätze zu setzen, kann auch zu einer Art Ideologie werden, wenn man zu keinem Pragmatismus findet und besagte Kriterien zu Dogmen erklärt.

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  2. Ach je, wie bekomme ich hier nur den lieben S.Hader los. Die Kommentare sind, von wenigen Ausnahmen, so einschläfernd und belanglos, dass man davon laufen möchte.

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  3. Hallo Quentin Quencher, suchen Sie nach Gründen, warum meine Kommentare nicht mehr bei Ihnen erscheinen dürfen? ;) Nur zu. Das ist eben der Nachteil der freien Meinungsäußerung, man muss ab und zu auch das Geschwätz der anderen ertragen.

    Übrigens wenn ich etwas einschlafend finde, lege ich mich hin und laufe nicht davon. In diesen Sinne noch einen schönen Sonntag.

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