20. Juni 2015

Die Grünen und der Papst

Wenn der Papst nun für seine »Enzyklika« bejubelt wird, vor allem von den Grünen, dort vor allem von den Wachstumskritikern, dann zeigt dies vor allem die Ver(spieß)bürgerlichung von Protestbewegungen an. Viel mehr noch ist es aber ein Versagen linker sowie liberaler Ideologie, denen ist es nämlich nicht gelungen ist, den Menschen eine Vision zu geben. Beim Liberalismus liegt das in der Natur der Sache, der wirkt zu abstrakt, und wird erst dann schmerzlich vermisst, wenn Menschen unter totalitären Ideologien zu leiden beginnen. Die Linken leiden noch am Experiment Sozialismus, welches zwar den Menschen im Mittelpunkt hatte (wenngleich das Individuum nichts zählte), welches aber krachend gescheitert ist. Geblieben davon ist eine diffuse Kapitalismuskritik, die nun mit der konservativen Kapitalismuskritik, wie sie in der Romantik der 19. Jahrhunderts deutlich wurde, und der Kritik an der Moderne, zusammenwächst.

Auffällig ist halt, dass dort wo die Linken noch eine Versprechung auf eine bessere Zukunft abgeben, dies in Verbindung mit nationalen oder nationalistischen Narrativen tun. Siehe Spanien oder Griechenland, oder auch in Südamerika. Das passt natürlich den Grünen nicht wirklich, die immer noch an den Träumen von der Überwindung des Nationalstaates anhängen, weshalb gerade der internationale Katholizismus sich als exzellentes Vehikel für ihre Romantik und ihre Kapitalismuskritik anbietet, weil er eben weitestgehend frei ist von nationalen Narrativen.

Auf der anderen Seite ist es aber auch ein Zeichen von Hilflosigkeit, wenn nun für etwas, was den den Anschein von Wissenschaftlichkeit hat, oder sich wenigstens so gibt - die Warnung vor der Klimakatastrophe - Religion als Vermittler gebraucht wird. Der Papst kann ja aus seiner Theologie ableiten was er will, genau das tut er auch wenn er sich auf Franz von Assisi beruft und von Mutter Erde spricht. Hier sieht man auch eine eigenartige Übereinstimmung zu Leuten wie beispielsweise den Sozialdemokraten Michael Müller, Mitglied in diversen NGOs, der in der Enquete »Wachstum« mehrfach von »Mitwelt« statt »Umwelt« sprach, also von einer Entkoppelung von Mensch und Natur warnt, praktisch genauso wie es der Papst jetzt tut. Müller und andere sprechen ebenfalls von »Naturvergessenheit«, prangern diese als ein Resultat der Modere an, was es zu überwinden gilt.

Unterm Strich also, findet hier nun etwas zusammen, was seine Wurzeln weniger in der Religion oder der Wissenschaft hat, sondern in der Kritik an der Modere. Wissenschaft und Religion ist nur die Kulisse, eigentlich ist es Sehnsucht nach einer Naturromantik, die beide, Papst wie Grüne, ins gleiche Boot steigen lässt. Wer aber deren Vorstellungen nicht teilt, wofür es viele gute Gründe gibt, dem wird Naturvergessenheit unterstellt. Der eigentliche Gegensatz lautet nicht, mehr oder weniger Klimaschutz, mehr oder weniger Umweltschutz, sondern Naturromantik gegen Aufklärung und Moderne.




Dieser Text ist im Buch Im Spannungsfeld |1 enthalten.

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ISBN-13: 9783748112433
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3 Kommentare :

  1. Interessant finde ich, dass die Einmischung des Papstes vor Allem akzeptiert wird, wenn er die eigene Meinung unterstützt. Ansonsten wird ja der Papst üblicherweise von den gleichen Gruppen haftbar gemacht dass sich AIDS in Afrika verbreitet, weil er gegen Kondome ist.

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    1. Ja Günter, das ist auffällig. In seiner Enzyklika spricht sich der Papst auch ausdrücklich gegen eine Beschränkung des Bevölkerungswachstums aus (Absatz 50). Aus meiner Sicht ist die Enzyklika widersprüchlich und keinesfalls geeignet, die großen Transformationsbestrebungen, für die etwa Schellnhuber bekannt ist, zu unterstützen. Diese Enzyklika steht eher in der Tradition der katholischen Soziallehre, jedenfalls ist das mein Eindruck. Da aber Franziskus sich mehrfach auf Assisi beruft, und auf dessen Sicht und Wahrnehmung der Natur, muss ich ihm schon eine gerütteltes Maß an Naturromantik unterstellen.

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  2. Na ja, Quentin. Als ein Papst so was wie weltliche Macht hatte, hat er die Welt zwischen Spanien und Portugal aufgeteilt. Gottseidank hat er diese Macht nicht mehr.
    Gut, dass es die Säkularisierung gibt.
    Was ich interessant finde ist, wenn ein Diktator um die Ecke kommt der verspricht die Klimawandelproblematik per Dekret zu lösen, statt auf die Parlamente zu warten, laufen dem dann alle hinterher?
    Ich glaube schon, dass diese Enzyklika für die Transformationsbestrebungen genutzt wird.

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