13. November 2018

Friedrich Merz und der Bau eines Rubikon

Die zwei, innerhalb nur wenigen Tagen, abgegebenen Statements von Friedrich Merz, zuerst zu den Grünen, dann zur AfD, sind nicht nur eine Richtungserklärung, wo es denn mit der CDU unter seinem Vorsitz hingeht, sie zeigen eine strategische Entscheidung an. Schon kurz nach der Hessenwahl meinte Ministerpräsident Bouffier, die CDU hätte deutlich in zwei Richtungen verloren, zur AfD und zu den Grünen, was eine Reaktion darauf ziemlich schwer machen würde. Wendet sich der Union der einen abtrünnigen Gruppe zu, verstößt sie die andere endgültig.

Genau das ist nun geschehen, als Merz erklärte, dass er sich eine Zusammenarbeit mit den Grünen vorstellen könnte, die AfD hingegen beschimpfte er hingegen als „offen nationalsozialistisch“. Die anderen beiden aussichtsreichen Kandidaten um dem Parteivorsitz, Jens Spahn und Annegret Kramp-Karrenbauer, distanzierten sich nicht von dieser letzten Entgleisung ihres Konkurrenten, was darauf schließen lässt, dass sie die gleiche Strategie fahren. Und die heißt: die Abwanderung zu den Grünen stoppen und gleichzeitig ihnen die Tür zur Macht offenzuhalten.

Diejenigen Wähler, die zur AfD abgewandert sind, gibt er damit verloren. Strategisch ist diese Entscheidung die einzige Möglichkeit, auch nach möglichen baldigen Neuwahlen im Bund, eine Machtoption zu haben. Möglicherweise kann sich die CDU damit sogar noch den einen oder anderen zu den Grünen abgewanderten Wähler zurückholen.

Diejenigen die nun bei der AfD ihr Kreuzchen machen, die holt er nicht mehr zurück. Die machen das nämlich nicht mehr hauptsächlich aus Protest, sondern aus Überzeugung. Ihre Diffamierung ist daher lediglich der Aufbau einer Grenze für die eigenen Wähler: Wenn ihr diese überschreitet, dann wollen wir nicht nur nichts mehr mit euch zu tun haben, wir verachten euch dann. Es ist eine Warnung: wenn ihr die wählt, habt ihr den Rubikon überschritten.

Der Aufbau dieser Grenze mag strategisch, kurz- bis mittelfristig, erfolgreich sein. Genau genommen hatte Friedrich Merz gar keine andere Wahl, als so zu handeln. Freilich hätte er den Söder machen können, heftig in die eine Richtung blinken, aber ungeniert gerade aus weiter fahren. Nur ist dies keine Strategie, nur Taktik, eigentlich eine taktische Täuschung. Die aber, wenn sie – wie bei der CSU – aufgeflogen ist, sich gegen den Täuscher wendet. Das Mittel ist also verbraucht.

Die Strategie der CDU scheint also recht klar zu sein, Merz unterscheidet sich inzwischen kaum mehr von den anderen Kandidaten in der CDU, lediglich die Werte-Union macht gelegentlich einige verhaltene dissidente Äußerungen. Zwar bekommen die momentan etwas Aufmerksamkeit, insbesondere wegen ihrer Ablehnung des UN-Migrationspaktes, und möglicherweise werden sie damit sogar eingebunden, gewissermaßen als taktisches konservatives Feigenblatt, doch am großen Ziel werden sie nichts ändern: Und das heißt: Demobilisierung der Grünen durch Umarmung, bei gleichzeitiger Sicherung der Machtoption.

Dies verlangt zwangsläufig eine schärfere Abgrenzung zur AfD. Die Zeiten als sie sagten: „wir verstehen doch euren Protest“ sind vorbei, die Aussage von Friedrich Merz bedeutet genau das Gegenteil, nämlich: „Nein wir wollen euch nicht verstehen, ihr seid Nazis und damit diskursunwürdig“.

Herr Merz, wie auch die Mehrzahl in der CDU haben erkannt, dass sie AfD-Wähler nicht zurückgewinnen können, da diese keine Protestwähler mehr im klassischen Sinn sind, sondern Überzeugungswähler. Denn das was der Friedrich Merz nun sagt, wird seit je her von den Medien verbreitet, was zur Folge hatte, dass die AfD-Wähler noch nie Protestwähler waren, solche die ihren eigentlichen Favoriten mal einen Denkzettel verpassen wollen, ihre Entscheidung war eine endgültige, sie wussten, sie überschreiten den Rubikon, von nun an sind sie ausgestoßene.

Die aufstrebenden politischen Farben Grün und Blau zwingen zur Positionierung, oder wie Carl Schmitt sagen würde: zur Assoziation und Dissoziation. Friedrich Merz hat genau das mit seinen Äußerungen getan und damit offenbart: Mit ihm, wie mit den anderen Kandidaten um den Parteivorsitz und die Kanzlerkanditatur geht es weiter wie unter Merkel.

Eine eingene Richtung kann die CDU nicht mehr entwickeln, sie wird zum Trittbrettfahrer, denn im grünen Kosmos, zu dem sie sich nun offen bekennen, werden sie nie die Meinungsführerschaft entwickeln können.

1 Kommentar :

  1. Ich hatte von Herrn Merzens Äußerungen noch gar nichts gehört -- was mich, nebenbei bemerkt, auch ein klein wenig stolz macht, ist es doch ein Beleg für meinen mindestens teilweisen Erfolg beim Versuch, mich dem TV und anderen MSM zunehmend zu entziehen (freilich ist das Fleisch ein Gewohnheitstier, und so manchmal noch schwach).

    Nachdem ich nun aber dank Ihnen davon erfahre, bin ich einigermaßen bestürzt, wie rasch und eindeutig auch Herr Merz sich entzaubert -- und vor allem offenbar beabsichtigt, die CDU auf einen für sie wie für das Land verhängnisvollen Kurs zu führen. Die Systemparteien unter Meinungsführerschaft der Grünen und mit der CDU als identitätslosem Steigbügelhalter gemeinsam gegen die AfD (und ihre Wähler und Anhänger!): Ja, darauf läuft es wohl zu.

    Man wird sich über die kommenden Wintermonate hinaus warm anziehen müssen. Wenn nicht mehr.

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