13. Juni 2019

Die Heimat der Grünen – Nachtrag

Im ersten Teil wurde beschrieben, wie sich ein neues/altes Heimatgefühl zu etablieren beginnt, in welchem der Raum, die Subjekt-Objekt-Beziehung, wieder mehr und deutlich zur Geltung kommt. Während bisher die sozialen Beziehungen der Menschen im Heimatempfinden eine herausragende Rolle spielten, beginnt sich dies zu wandeln, die soziale Identität des Individuums wird zur Nebensache und gerät in den Hintergrund. Dies ist wahrscheinlich ein entscheidender Unterschied zur Blut-Volk-Boden Ideologie der Nazis – die ich im ersten Teil als Beispiel für den Raumbezug anführte und mit der grünen Ideologie verglich – bei der die soziale Bindung, also das Volk als Schicksalsgemeinschaft, noch deutlich im Vordergrund steht; das Volk und der Raum schienen verwoben, untrennbar gemacht.

Ebenso in der Romantik, die versuchte einen emotionalen Verlust, der durch die Moderne und die Aufklärung entstand, zu kompensieren. Niemals aber stand der Raum – in seiner geografischen, wie in seiner physikalischen oder jeglicher naturwissenschaftlichen, ja nicht einmal im metaphysischen Sinne – über der Bindung des Menschen im Sozialen. Der Mensch ist ein soziales Wesen, oder wie es Heinz-Günter Vester beschreibt: „Menschen sind Einzelwesen und soziale Wesen zugleich. Das heißt, als Individuen befinden sie sich immer auch in einem (potentiellen oder tatsächlichen) Bezug zu Gemeinschaft(en) und Gesellschaft(en).“ Ebenfalls aus dem Kompendium der Soziologie: „Wie andere Organismen auch, beziehen sich Menschen auf eine Umwelt, nehmen ihre Umwelt wahr, reagieren auf sie und werden von ihr beeinflusst.“

Bringen wir den Begriff Heimat in diesen Kontext, wie es durch den Spatial turn möglich ist, „der den Raum bzw. den geographischen Raum als kulturelle Größe wieder wahrnimmt“ (Wikipedia). Dann wird Wunsch des Menschen nach dem Eingebundensein in eine höhere Ordnung deutlich, ja dies ist geradezu eine Wesensart des Menschen. Dass es sich hier nicht um spirituelles oder religiöses Empfinden handelt, wird daran deutlich, dass der Wunsch nach Zugehörigkeit und Heimat religiöse Menschen genauso erfasst, wie nicht religiöse.

Doch kommen wir auf die Grünen und deren ideologisches Heimatbild zurück. Sie bedienen nämlich diesen Wunsch mit Sinnbildern der Nachhaltigkeit und des Ökologismus und lösen damit den Menschen aus den sozialen Beziehungen und geben ihm einen Platz in der Raumordnung aller Dinge. Eine Ordnung, die von der „Natur“ vorgegeben ist und nicht gestört werden darf. Alle sozialen Beziehungen des Menschen, die bislang sein Eingebundensein in eine Ordnung ausmachten, seine Beheimatung, seine Identität, treten in den Hintergrund.

Eigentlich wäre es Aufgabe von Politik und Religion gleichermaßen, hier Gegenentwürfe zu präsentieren, solche, welche die Beziehungen der Menschen zueinander, in einer von den Menschen geschaffenen Welt, wieder zur Hauptsache, zur wichtigsten Ordnung machen. Doch es geschieht nichts dergleichen, im Gegenteil, alles richtet sich in dieser Legierung aus Ideologie und Religion ein und akzeptiert diese neue Ordnung und dieses grüne Eingebundensein in eine höhere Ordnung geschieht ohne Berücksichtigung des Menschen als soziales Wesen.

Wird das Wesen der grünen Ideologie konsequent zu Ende gedacht, insbesondere in der Form wie sie „Nachhaltigkeit“ formulieren, dann wird ein Menschenbild deutlich, dass sozial nicht mehr im Zwischenmenschlichen sieht, im Bezug auf Gemeinschaften und Gesellschaften, sondern in einer Ordnung der Nachhaltigkeit, die von der Natur vorgegeben scheint. Umwelt wird zur Mitwelt, ist also nicht mehr etwas dem Menschen umgebendes, nein der Mensch wird Teil des Systems. Im Grunde muss grüne Ideologie asozial genannt werden, da sie den Bezug des Menschen zu seinesgleichen, also alle sozialen Elemente, als nachrangig gegenüber ihrer Doktrin von der Nachhaltigkeit sieht.

Unter Heimat verstehen die Grünen nicht mehr den kulturellen Raum, eine über Generationen von den Menschen gestaltete Umwelt, sondern ein ideelles Konstrukt, in welchem der Menschen aufgeht, zum Teil eines Raumes wird, der bestimmt was dem Menschen erlaubt ist und was nicht. Das Leben im Nachhaltigen, so wie es die grüne Ideologie definiert, ist ein asoziales Leben, da das Individuum nicht mehr sein Verhältnis zu anderen Individuen, zu einer Gemeinschaft, zu klären hat, sondern sich einem ordentlichen Leben im Nachhaltigen versichern muss.



Dossier: Heimat


1 Kommentar :

  1. Die Bemerkungen zur Rolle der Natur als absoluter Maßstab und Gebieter der Nachhaltigkeit wurde gut herausgearbeitet. Natürlich ist bei aller Liebe zur Natur diese Überhöhung eine krankhafte Übersteigerung. Denn jeder Wert muss sich in eine Werthierarchie eingliedern. Das Problem sind zumeist nicht die Werte an sich, sondern deren Priorisierung. Untergeordnete Werte gehen durch das Primat anderer Werte den Bach hinunter. Wenn Wohlstand den ersten Wert hat, wird der Erhalt der Natur mitunter aufgegeben ... oder umgekehrt. Das Soziale stellt einen weiteren Wert dar, ebenso wie die kulturelle Identifikation. Wie aber verhalten sich diese zueinander? Grüne würden sich um diese Priorisierung vermutlich gerne herummogeln, in dem sie alles für wichtig erklären und eine Präferenz im Konfliktfall lieber ad hoc entscheiden. Vordergründig wird zumeist der Ideologie der Ökologie das Wort geredet, aber im Konkreten dem eigenen Wohlstand gedient.

    AntwortenLöschen