Die Sultansüchtige leidet unter dem Verschwinden der Harems. Das waren noch Männer, die von Frauen was verstanden, die sich mit ewig derselben nicht zufriedengaben. Die trauten sich etwas zu, die hatten Feuer im Blut, die sperrten sich nicht ab für ihren Beruf, die waren nicht von ihrem Erwerbstrieb ganz besessen. Man sehe sich doch diese Herren an, die müde von ihrem Geschäft in ihre Einehe nach Hause kehren. Diese Gleichgültigkeit! Diese Langeweile! Diese erbärmliche Ruhe! Es ist als ob Frauen gar nichts wären, Köchinnen und Mütter. Jede Dienerin, jede Pflegerin könnte an ihre Stelle treten. Was Wunder, daß Frauen denaturieren und gar nicht mehr wissen, wozu sie da sind. Manche entblöden sich nicht, in die Arbeit zu gehen und selbst so zu leben wie ihre Männer: Geschäfte machen, fühllos und wichtig und kalt zu werden, abends ebenso müde nach Hause zu kommen; so auszusehen wie ein Mann, seine Hosen zu tragen, seine Sprache zu reden und sich damit zufrieden zu geben, daß sie sich gegen Männer draußen statt gegen Frauen zu Hause zu behaupten haben.
Die Sultansüchtige, die von Harems träumt, bedauert den Zustand der Türkei, wo abgeschafft ist, was einmal die Größe des Reiches war. Aus ist es mit den Eroberungen, aus mit der Größe, ein Land wie andere, moderner als früher, aber ach so bescheiden! Solange sie Harems hatten, waren die Türken groß, ums sie aufzufüllen, mussten sie Kriege führen, ihre Eroberungen galten alle der Lust auf neue Frauen, wie soll man sie für diese herrliche Unersättlichkeit nicht lieben! Die Augen eines Mannes auf sich zu fühlen, auf den mehrere Hauptfrauen und unzählige Kebsinnen warten! Zu wissen, daß er einen vergleicht mit diesen anderen, ihm als etwas ganz Besonderes Lust zu machen, vor ihm zu bestehen, - ein Sieg! wie seine Siege auf dem Schlachtfeld! Ihn zu halten, ihm etwas zu bieten, das keine andere zu bieten hatte! Mit Gift und Eunuchen für die Erhöhung des Sohns arbeiten, ihm in seinem Entschluß bestärken, seine Brüder und Nebenbuhler alle aus der Welt zu schaffen!
Die Sultansüchtige ekelt sich vor einer Welt, in der es nichts mehr wirklich Weibliches zu tun gibt. Soll man ein Filmstar werden und ebensolche Chancen haben wie ein Mann, der genau dasselbe tut wie man selber? Was tun Männer heute nicht? Und bloß, um es ihnen gleichzutun, soll man Frau sein? Das einzige, was ein Frau allein kann, ist einen Prinzen zu gebären, der alle anderen Prinzen umbringt, und schließlich, wenn er zu alt ist, auch den Sultan.
Die Sultansüchtige richtet sich einen Harem ein, in dem sie sich einsperrt. Da bleibt sie nun immer, den verläßt sie nicht. Da kleidet sie sich durchsichtig, wie es der Örtlichkeit ziemt und übt sich, nur für ihn, in intimen Tänzen. Da wartet sie auf den Sultan, der nich kommt und stllt sich vor, daß er auf dem Wege zu ihr ist. Da fände er's besser. Da wirft sie sich inbrünstig zu seinen Füßen hin bittet ihn uns seine verruchtesten Wünsche.
3. Oktober 2014
Die Sultansüchtige
von
Quentin Quencher
Junge Frauen, manchmal halbe Kinder noch, konvertieren zum Islam und machen sich auf den Weg um echten Männern, also den Kämpfern des IS, zu Diensten zu sein. Eine Text aus Elias Canettis »Der Ohrenzeuge« könnte Erklärungen liefern:Ist es tatsächlich der Islam in seiner radikalen Form, wie beispielsweise von IS verkörpert, welcher so anziehend auf diese jungen Frauen wirkt, oder ist es vielleicht mehr die Relativierung von Geschlechterrollen in modernen Gesellschaften, die Gleichmacherei von Mann und Frau, was für sie unakzeptabel ist, dem sie entfliehen wollen?
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