31. März 2020

Politischer Protest im Deckmantel des Bürgersinns

„So wurden allein am Samstag landesweit bei gut 5000 Personen mehr als 1000 Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz festgestellt.“ Wird aus Baden-Württemberg gemeldet und: „Die Erfolgsquote beruht auch auf der emsigen Mithilfe von Bürgern.“

Was bringt die „Bürger“ nun dazu, in dieser Menge, ihre Mitmenschen bei der Polizei zu melden? Ein paar Bilder entstanden dabei, als ich diese Meldung las, vor meinem geistigen Auge. Das erste Bild war das vom pflichtbewussten Deutschen, der es als seine Aufgabe ansieht, bei der Bekämpfung der Corona-Krise dafür zu sorgen, dass sich alle an die neuen Regeln halten. Zu lesen war ja auch, „wenn es nach Innenminister Strobl geht, sollte es davon ruhig noch mehr geben“.

Notizen im März

Dienstag, 31. März 2020

 
6:22 Uhr, die Amsel im Garten beginnt zu singen. Ich habe sie schon vermisst und mich gefragt, ob sie vielleicht von Nachbars Katze gefressen worden ist. Doch nein, ihr ist nichts geschehen, die Amsel hat nur noch nicht mitbekommen, dass nun Sommerzeit ist.   🔗


 
Beim REWE steht jetzt immer einer von einem privaten Sicherheitsdienst rum, beim ALDI ist es ein interner Mitarbeiter, der den Kunden sagt, wie sie Corona-Korrekt einkaufen sollen, falls sie ohne Tasche oder Einkaufswagen in den Laden wollen. Ich beobachte aber die Personen, die hier diese Funktion der Kontrolle und Ermahnung ausüben. Empfinden sie Genugtuung bei ihrem Tun oder ist es ihnen peinlich? Was passiert mit dem Dienenden, dessen Tätigkeit eigentlich der Service am Kunden ist, wenn er nun besondere Macht oder Wichtigkeit bekommt? Es gibt Jobs, wie diese hier erwähnten, die könnte ich nur unter allergrößter Selbstverachtung ausführen und beneide die welche es tun, wirklich nicht um ihre Arbeit.   🔗

19. März 2020

Solidarität, Anarchie und das Virus

Die Politik lebt davon, dass Massen sich gegenseitig abgrenzen und das Individuum Schutz in der eigenen Masse sucht. Das Virus kümmert sich nicht darum, es greift keine Massen an, sondern Individuen. Diese sind nun ihres üblichen Schutzes beraubt, dieser ist gar in sein Gegenteil verkehrt, was Schutz bot ist nun Bedrohung. Die Rede von der Solidarität will dies verhindern, will die Massen zusammenhalten, aber die zerfallen in immer kleinere Einheiten, aus der Masse werden Meuten. Die Meute „ist die begrenzteste Form unter Menschen, sie war schon da, bevor es menschliche Massen in unserem modernen Sinne gab“ (Canetti in Masse und Macht). Urform der Meute ist die Familie, die Sippe, der Clan. Innerhalb dieser ist Solidarität vorhanden, und nur noch dort, denn die großen Massen können keinen Schutz mehr bieten.

12. März 2020

Geschützte Räume

Der Übergang vom Junge zum Mann bedeutete einst, in den allermeisten archaischen Gesellschaften, die Verwandlung vom Kind zum Krieger. Der musste nun kämpfen, für Sicherheit sorgen, die Ressourcen fürs Überleben sichern. Mit der Wehrpflicht in Friedenszeiten, also nicht zu vergleichen mit der Wehrpflicht im Krieg, war dieser Sinn, die Verwandlung vom Kind zum Krieger, auch noch in modernen Gesellschaften vorhanden. Der junge Mann wusste nun, sollte der Ernstfall eintreten, ist es seine Aufgabe die Seinen zu beschützen und die Feinde abzuwehren. Schon seine simple Existenz sichert denen, die er beschützt, den Freiraum zum Leben, er schuf und sicherte einen geschützten Raum dafür.

4. März 2020

Sprachen, Länder, Mentalitäten und das Coronavirus

Und der HERR sprach: Siehe, ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, wenn sie es sich zu tun vornehmen (1.Mose 11/6). Die Rede ist vom Turmbau zu Babel, es wird der Zeitpunkt beschrieben, ab dem die Menschen sich nicht mehr verstanden, weil sie begannen verschiedene Sprachen zu sprechen. In den Auslegungen des Textes ist oft von Hochmut oder Macht die Rede, die Menschen maßten sich an, wie Gott zu sein zu wollen, waren größenwahnsinnig geworden. Eine schöne Geschichte, wie ich finde, die auch heute noch dazu mahnt, auf dem Teppich zu bleiben, bei der Formulierung von Menschheitsaufgaben, der Anmaßung zu wissen, was diese sind, die Ziele zu groß zu fassen, statt sich an der unmittelbaren Umgebung zu orientieren.

3. März 2020

Bilder ohne Kontext

Mit den Augen erfassen wir die Nähe, genau erkennen wir nur was ganz nahe ist. Dies setzen wir dann in den Kontext der Umgebung. Je weiter das Objekt unserer Betrachtung entfernt ist, umso undeutlicher wird es uns, wir sind dann auf die Beschreibungen anderer angewiesen, auf die Augen derer, die sich vor Ort befinden. Dies können wir einordnen, wissen, es sind nicht unsere Augen die das sehen, von dem berichtet wird.

Heute nun fluten uns die Bilder, der Technik sei es gedankt, aus den fernsten Orten direkt in unsere Augen, wir unterliegen dann der Illusion, die Wirklichkeit zu sehen. Das Problem ist nur, die Bilder sind dem Kontext ihrer Umgebung beraubt und wir ersetzen diesen dann, indem wir die Bilder in unseren Umgebungskontext setzten. Dies betrifft nicht nur den visuellen Kontext, sondern auch den der Werte, der Überzeugungen, der Erfahrungen. Dies ist der Hauptgrund für meine tiefe Skepsis gegenüber Bildern, die mir gezeigt werden.