30. April 2020

Notizen im April

Donnerstag, 30. April 2020

 
Rauch ist ein hilf­rei­cher Be­glei­ter des Men­schen. In den Tro­pen ver­jag­ten wir die Mos­ki­tos da­mit, mei­ne Frau, als gu­te Ka­tho­li­ken, mit dem Weih­rauch den Teu­fel, ge­räu­cher­te Wurst wird halt­ba­rer und wenn ich mein Zi­ga­ril­lo rau­che, dann ver­söh­ne ich mich mit der Welt. Und nun Co­ro­na: „Da­ten der US-Seu­chen­be­kämp­fungs­be­hör­den zu Tau­sen­den von ame­ri­ka­ni­schen Pa­ti­en­ten zu­fol­ge lag der Rau­cher­an­teil dort bei le­dig­lich 1,3 Pro­zent – ge­gen­über 15 Pro­zent in der Be­völ­ke­rung,“ war zu le­sen. Ein Lä­cheln husch­te mir übers Ge­sicht.   🔗


 
Nicht die­je­ni­gen, die ein En­de der Zwangs­maß­nah­men we­gen Co­ro­na for­den, müs­sen sich recht­fer­ti­gen. Recht­fer­ti­gungs­pflicht ha­ben nur die, die Zwangs­maß­nah­men for­dern oder sie an­ord­nen. Der­je­ni­ge der Frei­heits­rech­te ein­schränkt, muss be­grün­den war­um. Nie­mand sonst.   🔗

22. April 2020

Die Union surft auf der Krisenwelle

Die Um­fra­ge­wer­te für CDU/CSU stei­gen seit Be­ginn der Co­ro­na­Kri­se deut­lich. Dies hat we­ni­ger da­mit zu tun, dass sie ei­ne so gu­te Po­li­tik ma­chen wür­de, denn bei Lich­te be­trach­tet, un­ter­schei­det sich de­ren Po­li­tik in der Sa­che kaum von der in den an­de­ren Par­tei­en. Die ho­hen Wer­te lie­gen le­dig­lich an der Ver­un­si­che­rung der Be­völ­ke­rung, denn die hat es nun mit ei­ner rea­len Be­dro­hung zu tun, nicht mit ir­gend­wel­chen abs­trak­ten, die ei­ge­ne Per­son kaum be­tref­fen­den, Sze­na­ri­en. In die­sem Fall der rea­len Be­dro­hung oder Ver­un­si­che­rung, stre­ben die meis­ten Men­schen da­zu, Schutz im Zu­hau­se zu su­chen. Das Zu­hau­se ist in die­sem Fall die al­te Bun­des­re­pu­blik, dar­ge­stellt von den Par­tei­en CDU/CSU, und SPD auch. Die ha­ben in der Ver­gan­gen­heit Kri­sen, mehr oder we­ni­ger schlecht, ge­hän­delt, al­so wird ih­nen das auch heu­te eher zu­ge­traut. Auf je­den Fall eher als den Grü­nen oder der AfD, die sich noch nicht in der Be­dro­hung be­wei­sen muss­ten oder konn­ten. De­nen nun Ver­ant­wor­tung in der Kri­se zu ge­ben, wird als zu ris­kant emp­fun­den.

21. April 2020

Grüne in der Identitätskrise

In den Um­fra­gen geht es für die Grü­nen ge­ra­de or­dent­lich berg­ab. Das könn­te tem­po­rär sein, soll­te sich aber das Selbst­bild der Men­schen in der Co­ro­na­Kri­se än­dern, die lo­ka­len und en­gen eher fa­mi­liä­ren Bin­dun­gen wie­der mehr Be­deu­tung be­kom­men, so wird auch der Be­griff und die Vor­stel­lung von Hei­mat wich­ti­ger wer­den. Dies ist für die Grü­nen hoch­pro­ble­ma­tisch, denn es be­trifft ihr Selbst­bild, ih­re Iden­ti­tät.
 
Grü­ne Iden­ti­tät ha­be ich, als Au­ßen­ste­hen­der, als kri­ti­scher Be­ob­ach­ter, im­mer als Sinn­su­che ver­stan­den. Da­bei do­mi­nier­ten in den letz­ten Jah­ren eher die schein­bar mit tech­ni­schen oder na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Be­schrei­bun­gen ver­wand­ten The­men. Die Selbst­ver­or­tung ge­schah in der Ei­gen­zu­ord­nung zu Kreis­läu­fen, oft von glo­ba­ler Na­tur. Kli­ma­schutz mal als her­aus­ra­gen­des Bei­spiel, oder bio­lo­gi­scher Fu­ß­ab­druck, im­mer eher mehr oder we­ni­ger gut na­tur­wis­sen­schaft­lich be­grün­det. Kul­tu­rel­le Iden­ti­tät, das Bild von Hei­mat, war dem im­mer fremd, ge­wis­ser­ma­ßen wur­de dies so­gar als nicht kom­pa­ti­bel mit dem doch viel wich­ti­ge­ren Erd­sys­tem ge­se­hen, von dem sie glaub­ten, es er­kannt zu ha­ben.

13. April 2020

Schöne neue Corona Welt – oder die Faszination vom Ende der Menschen

›Urbex‹, ›Lost Places‹, sind Begriffe aus dem noch recht jungen, insbesondere künstlerischen, Genre der Fotografie von vom Menschen verlassenen Orten. Eine gewisse Faszination vom Morbiden ist allen diesen Bildern anzumerken. Orte, Plätze, Kulturlandschaften, vor kurzem noch stark frequentiert, ins Leben der Menschen eingebunden, sind nun verlassen. Vor Jahren bemerkte ich darüber:

„Gewissermaßen haben wir es mit Romantik zu tun, und der Ästhetik von Verfall. Doch nicht nur das, als Betrachter unternimmt man gleichzeitig eine Zeitreise, stellt sich vor wie diese Orte gewirkt haben, als sie noch nicht verlassen waren, allerdings mit dem Wissen um deren Ende.“

7. April 2020

Das Überleben in der Gefahr als Reset-Erfahrung

Peter Trawny spricht in einem LISA-Interview von der „Apokalyptische Reduktion“ und meint damit, wie auch in seinem Buch „Technik.Kapital.Medium“, dass heutige Konfliktherde, die das Potenzial haben gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken, gar so etwas wie Revolutionen, nicht aus den Gesellschaften selbst heraus entstehen, sondern sozusagen extern hineingetragen werden. So wäre es jetzt auch bei der Corona-Krise. Diese dann ausgelösten Revolutionen werden aber weniger idealistisch sein, sondern materiell. Es wird um Knappheit und Verluste gehen, um Ressourcen und deren Verteilung.