7. April 2020

Das Überleben in der Gefahr als Reset-Erfahrung

Peter Trawny spricht in einem LISA-Interview von der „Apokalyptische Reduktion“ und meint damit, wie auch in seinem Buch „Technik.Kapital.Medium“, dass heutige Konfliktherde, die das Potenzial haben gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken, gar so etwas wie Revolutionen, nicht aus den Gesellschaften selbst heraus entstehen, sondern sozusagen extern hineingetragen werden. So wäre es jetzt auch bei der Corona-Krise. Diese dann ausgelösten Revolutionen werden aber weniger idealistisch sein, sondern materiell. Es wird um Knappheit und Verluste gehen, um Ressourcen und deren Verteilung.

Dies ist ein Gedanke, der, meines Erachtens, recht schlüssig erscheint und ich würde ihn so interpretieren: In normalen Zeiten, in denen Vermehrung und Wachstum, Innovationen und Optimierungen das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben bestimmen, bilden sich idealistische Konstrukte heraus, politische Ordnungen, die aber eben an diese Voraussetzungen des Geschehens in diesen normalen Zeiten gebunden sind. Tritt die Krise ein, dann stehen die wirtschaftlichen und politischen Ordnungen ohne ihre idealistischen Konstrukte da und sind somit höchst fragil. Diejenigen, die von der Krise als Chance sprechen, wissen das ganz genau. Mitunter führt das so weit, dass Gesellschaftskonstrukteure scheinbare Krisen heraufbeschwören, um ihre großen Transformationsvorstellungen leichter umsetzen zu können. Stichwort: Klimakrise. Die ist aber keine reale, sondern nur konstruiert, ein idealistisches Konstrukt um damit das reale Leben umzugestalten.



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Geschulte Linksintellektuelle werden nun auch an Gramsci denken und seine Theorie vom Interregnum: „… Der ‚Tod der alten Ideologien‘, so fügt er [Gramsci] hinzu, eröffnet zugleich günstige Bedingungen für die ‚unerhörte Ausbreitung des historischen Materialismus‘“. Neue oder andere Ideologien haben nun die Chance, als Weg aus der Krise angesehen zu werden. Überhaupt, ohne diese aus linksintellektuellen und linksradikalen Ideologien diffundierten Vorstellungen, von der Krise als Hilfsmittel zur Umgestaltung und Transformierung von Gesellschaften, ist beispielsweise diese ganze Klimaschutzbewegung nicht zu verstehen. Da hat sie ihre Wurzeln, von da bezieht sie ihre Kraft.

Nun haben wir aber durch den Coronavirus eine reale Krise, keine imaginierte, die in der Regel nur Verbildlichungen von intellektuellen Unzufriedenheiten sind, sondern eine echte Bedrohung. Kein Wunder, dass nun vereinzelt Kriegsrhetorik zu vernehmen ist und doch unterscheidet sich eine Pandemie in ihrem Charakter ganz wesentlich von anderen Bedrohungsszenarien wie Krieg oder Naturkatastrophen, bei der die Suche nach Verbündeten im Vordergrund steht, um die eigene Gruppe zu stärken und zum Sieg zu führen oder wenigstens das Überleben dieser zu sichern, geht es hier nur noch ums Individuum, um den eigenen Leib, um Hunger und Durst, alles reduziert sich aufs Überleben, auf den Kampf um die letzten Ressourcen. Gerüchte gehen um, irgendwo wären Atemschutzmasken gestohlen worden, das Beispiel Toilettenpapier darf in diesem Zusammenhang nicht fehlen.

Anhand dieser beiden Beispiele wird deutlich, von einer Existenzbedrohung im apokalyptischen Stil sind wir noch weit entfernt, dennoch zeigen sie an, was sich verändert. Die idealistischsten Konstrukte der Vermehrungs- und Optimierungszeiten werden unwichtig, genauso wie das Klimakrisengeschwafel der intellektuell Unzufriedenen oder jedes andere ideologische Konstrukt. Ernste Krisen – Corona gehört da noch nicht dazu – sind keine Chance, wie es sich all diese Gesellschaftstransformierer oder sonstige Welterklärer vorstellen, sie sind lediglich so was wie ein Reset des Programms in dem wir leben, und das heißt eben: Überleben! Es geht ums Überleben des Subjekts das leben will, das Hunger und Durst empfindet, das empfinden kann, sprich, ums Individuum. Konstrukte können nicht empfinden, sie fühlen weder Schmerz noch Leid, Glück auch nicht.


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