4. März 2020

Sprachen, Länder, Mentalitäten und das Coronavirus

Und der HERR sprach: Siehe, ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, wenn sie es sich zu tun vornehmen (1.Mose 11/6). Die Rede ist vom Turmbau zu Babel, es wird der Zeitpunkt beschrieben, ab dem die Menschen sich nicht mehr verstanden, weil sie begannen verschiedene Sprachen zu sprechen. In den Auslegungen des Textes ist oft von Hochmut oder Macht die Rede, die Menschen maßten sich an, wie Gott zu sein zu wollen, waren größenwahnsinnig geworden. Eine schöne Geschichte, wie ich finde, die auch heute noch dazu mahnt, auf dem Teppich zu bleiben, bei der Formulierung von Menschheitsaufgaben, der Anmaßung zu wissen, was diese sind, die Ziele zu groß zu fassen, statt sich an der unmittelbaren Umgebung zu orientieren.

Wie viele Sprachen oder Dialekte gibt es heute eigentlich auf der Welt? Von etwa 6500 Sprachen wird berichtet, die Dialekte hat wohl noch keiner richtig gezählt. Was auffällig ist, am Äquator ist die Sprachenvielfalt am höchsten und nimmt ab, je weiter wir uns von ihm entfernen. Erklärungsversuche, warum das so ist, gibt es einige. Manche meinen, sich zu separieren in kleinstmöglichen Überlebenseinheiten, ist ein Schutz gegen Parasiten und Krankheitserreger und verringert die Gefahr angesteckt zu werden. Andere glauben eher, dass die „Konkurrenz um knappe Ressourcen und eine natürliche Feindseligkeit verantwortlich sind“. Mir scheint der erste Erklärungsansatz logischer, denn bei ein Kampf um Ressourcen wird sich eine kleine Gruppe schlecht verteidigen können, mindestens nach Partnern Ausschau halten, um sich die Ressourcen zu sichern; Kommunikation über die Grenzen der Sippe oder des Stammes würden mehr Bedeutung haben, eine strikte Separation, die sich auch in der Sprache ausdrückt, wäre dann kontraproduktiv.

 
 


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Doch in diese Debatte will ich gar nicht einsteigen, könnte nur Vermutungen zum Besten geben. „Sicher ist nur, dass die Vielfalt der Sprachen steigt, je weiter man sich auf die Regionen am Äquator zubewegt – die meisten Sprachen sind in den tropischen und subtropischen Regenwäldern zu finden.“ wie es Frank Ufen im verlinkten Tagesspiegelartikel vor mehr als zehn Jahren schrieb.

Eine größere Gemeinschaft bedeutete Gefahr, vor allem durch übertragbare Krankheiten in diesen Breiten. Kleine Gemeinschaften sind dann der Schutz, was sich in der Sprachenvielfalt ausdrückt. Eine Vermutung keimt in mir auf: Was ist, wenn sich diese Umstände in der Mentalität der Menschen niedergeschlagen haben. Während der Norden eher Kooperation benötigt um zu überleben, dabei die Sprachen sich annäherten und weniger Sprachenvielfalt entwickelte, war im Süden genau das Gegenteil notwendig um zu überleben. Ist die schwierige Staatenbildung in Afrika möglicherweise eine Folge dieser evolutionären Entwicklung, weil das Misstrauen gegenüber zu großen Gemeinschaften bereits durch die Evolution sich in der Mentalität niedergeschlagen hat?

Ich merke, langsam bewege ich mich auf vermintes Gelände vor: Soll ich wirklich von den Mentalitätsunterschieden von Völkern sprechen? Selbst Prof. Dr. Ferdinand Fellmann meinte in einem L.I.S.A-Interview „Die Mentalitätsdifferenz darf im öffentlichen Diskurs wegen der ‚political correctness‘ allerdings nicht ins Feld geführt werden, da man sich damit des Rassismus verdächtig machen würde.“ Ich würde es als selbstverständlich ansehen, dass sich Lebensumstände, Klima, Umwelt und die damit verbundenen Anpassungszwänge auch in der Mentalität niederschlagen, zumindest in der Kultur.

Natürlich greife ich die These, dass Parasiten und Krankheitserreger die Sprachentwicklung maßgeblich beeinflusst haben, gerade jetzt auf, denn ein Virus ist in aller Munde, das COVID-19 oder Coronavirus. Die Bekämpfung erfolgt nun nach den gleichen Prinzipien, wie sie am Äquator seit Urzeiten eine erfolgreiche Überlebensstrategie sind: Bildung von kleinstmöglichen Gemeinschaften. Wir nennen es nur anders: Quarantäne. Die Aufforderung unnötige Kontakte zu vermeiden, körperliche sowieso, nicht notwendige Reisen zu unterlassen und dergleichen mehr, sind ebenfalls Strategien des Separierens zur Bekämpfung einer Gefahr oder Minimierung der Bedrohung. Doch damit nicht genug, gleichzeitig geht in uns eine Wahrnehmungsveränderung einher: Der Andere, der Fremde sowieso, wird als potenzielle Gefahr gesehen, dies ums so mehr, als er der eigenen Kerngruppe, der Familie also, entfernt ist.

Schnell ist nun der Rassismusvorwurf im Raum, mindestens aber die Befürchtung, dass die nun notwendigen Maßnahmen der Separation, des sich Abgrenzen, den Rechten in die Hände spielt. „Viren machen nicht vor vernagelten Türen oder Grenzen halt. Verschwörungstheorien und Rassismus fördern die Verbreitung von Viren, und zwar nicht nur in China, sondern auch hier bei uns.“ Meinte die Grünen-Abgeordnete Schulz-Asche im Bundestag. Aus diesen Worten spricht die Angst, dass sich, angesichts der Bedrohung, die Vorstellungen der Menschen wandeln, kleinere Einheiten, so klein wie möglich, als wirksamerer Schutz angesehen werden, als die großen und universellen.

„Viren machen nicht an Ländergrenzen halt. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir europa- und weltweit zusammen mit der WHO versuchen, die Erkrankung einzudämmen.“ Sagt Frau Schulz-Asche noch in ihrer Rede, versucht Aufmerksamkeit und Hoffnung auf die großen multinationalen Organisationen zu legen. Nur als Einwand, wahrscheinlich ist beides gleich wichtig, Multinationale Maßnahmen dort wo sie möglich sind und lokale individuelle gleichzeitig. Es bräuchte diesen Streit, diese Politisierung einer Epidemie, überhaupt nicht, wenn die Maßnahmen danach betrachtet würden, was nützlich und wirksam ist. Doch das würde bedeuten, das lokale, das individuelle, die engsten Familienbindungen bekämen wieder mehr Gewicht und stellen die Erzählungen und Projekte, die gerade das überwinden wollen, infrage.

Möglicherweise war es beim Turmbau zu Babel auch nicht viel anders, als man sich auf eine große Menschheitsaufgabe konzentrierte, missfiel das dem Herren und er entsandt ein Virus, was zur Folge hatte, dass sich die Menschen wieder auf ihre engsten Bindungen und Beziehungen konzentrierten und sich zum Selbstschutz separierten. Irgendwann einmal stellten sie fest, dass sie nun verschiedenen Zungen sprachen.

Dennoch blieb der Traum lebendig, von einer universellen Sprache, dass sich alle Menschen großes gemeinsam vornehmen und verwirklichen können. Dieser Traum wird dann so lange geträumt, bis so ein kleines gemeines Virus daherkommt und, gleich einem Wecker, die Menschen aus ihren Träumen reißt.



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