27. Juli 2019

Integration oder Koexistenz?

„Konflikte entstehen nicht, weil die Integration von Migranten und Minderheiten fehlschlägt, sondern weil sie zunehmend gelingt.“

So steht es in der Vorankündigung eines Vortrages von Aladin El-Mafaalani, bekannt auch durch ein Buch zum Thema (Das Integrationsparadox, ISBN: 978-3-462-05164-3).

Ich will hier nicht das Buch besprechen und nur kurz auf seine Kernthese eingehen, die eben besagt, dass Konflikte nicht ein Zeichen von misslungener Integration sind, sondern das Gegenteil. Das ist ein wichtiger Punkt, der sozusagen um die Ecke klar macht, dass die meisten Deutschen ein völlig falsches Bild davon haben, was Integration ist. Es ist eben nicht Assimilation, sondern ein Einfügen in Bestehendes, was unweigerlich zu einer Konfliktsituation führt, da die Integration nicht die bestehenden Identitäten auflöst, nicht bei den Migranten und auch nicht bei den Deutschen, und somit zwangsläufig zu Kämpfen um Ressourcen und die öffentliche Ordnung führt.

Nur Assimilation, die freilich auch die Kultur der Aufnehmenden verändert, schafft es die Konflikte zu entschärfen oder im Idealfall ganz aufzulösen. Integrationsmodelle schaffen es bestenfalls – dies aber auch nur unter starken Vorgaben und staatlicher Gewalt – den Zustand einer friedlichen Koexistenz der Kulturen zu erreichen. Ist die ordnende staatliche Gewalt nicht mehr gegeben, dann eskalieren die Konflikte und der Kampf um die Oberhoheit im Siedlungsraum wird gewalttätig.

Doch zurück zur Anfangsthese. Wenn also heute von gelungener Integration die Rede ist, wird damit nicht ein Aufgehen im Aufnahmeland gemeint, was eben Assimilation wäre (die es freilich auch gibt), sondern der Zustand einer Koexistenz von Verschiedenem, was immer ein Grund für Konflikte ist. Ein Blick, nicht nur in die Großstädte, genügt, um zu sehen, wie toll die Integration gelungen ist, die Konflikte sind eine untrügliches Zeichen dafür, könnte man sarkastisch El-Mafaalani These kommentieren.

Wenn Sie also, lieber Leser, irgendwas von Integration hören oder lesen, denken Sie bitte an friedliche oder nicht-friedliche Koexistenz, das Bild trifft es nämlich besser, als die romantischen Integrationsbilder die sonst durch die entsprechende Propaganda entstehen. Aladin El-Mafaalani kann wenigstens mit Integrationsromantik nicht viel anfangen, was von einem Blick für Realitäten erzählt, der eben dauerhaft nicht durch Romantik vernebelt werden kann. Immerhin.

1 Kommentar :

  1. Mir ist die Spannung von Integration und Assimilation unbehaglich. Sie vermittelt eine Polarität und eine Wertbehaftung, die so entweder nicht förderlich ist, oder schlicht die Realität falsch wiedergibt. In der gewollt pluralen Gesellschaft ist eine vermeintliche 'Assimilation' keineswegs ein Verzicht auf eigene Geschichte und Identität, wie wohl auch eine Integration kein echtes Gegenbild dazu abliefert. Denn fraglos ist eine gemeinsame Grundlage des Zusammenlebens im Raum unabdingbar. Das geht über die nackten Gesetze hinaus und wurde von Bassam Tibi als Leitkultur beschrieben. Weil dieser Begriff aber politisch verbrannt wurde und auch von Höcke in fragwürdigem Sinn gedeutet wurde, schlage ich für diese 'plurale Kernkultur' als einen anderen Begriff vor. Auch 'Konsenskultur' ist missverständlich. Dies beinhaltet den zwingenden Respekt für andere Lebensentwürfe unter humanistischen Werten. Aber auch darin erwarte ich keine Auflösung von Konflikten mit dem Islam, der eben diesen Respekt im Kern verweigert.

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