Der Vizevorsitzende der CDU, Volker Bouffier, sieht Deutschland vor einer Richtungsentscheidung zwischen Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün,
meldet die Welt. Aussagen aus einem Interview mit dem ehemaligen Innenminister Friedrich
im Spiegel machen ebenfalls die Runde, in dem er neben einzelnen politischen Entscheidungen, wie Mindestlohn oder Rente-63, auch das EEG anspricht. Bouffier sieht die Grünen in der Rolle die früher die FDP innehatte, nämlich als Zünglein an der Wage zur Schaffung von Regierungsmehrheiten, doch das ist nur das halbe Bild, und der Vergleich zur FDP hinkt auch, weil der Liberalismus, so wie ihn die FDP verkörperte, sich weniger an großen Linien orientierte, sondern an praktischen politischen Fragen. Das ist bei den Grünen anderes, bei denen stehen die großen Linien wie Öko-Nachhaltigkeit im Vordergrund. Die Standarte um die sich die Grünen scharen, welche in Puncto Wachstum noch zerstritten sind, ist aber das EEG. Oder vielmehr die sogenannten Erneuerbaren Energien insgesamt. Für die Union hat dies alles, wenn wir Volker Bouffiers Analyse folgen wollen, ganz erhebliche Auswirkungen.
Vor einem Jahr schrieb ich:
Die Götterdämmerung für die Union hat begonnen, aber weniger wegen der Übernahme von sozialdemokratischen Positionen, sondern wegen der Hinwendung zur grünen Ideologie, die eben Schöpfungsbewahrung genannt wird. Pragmatismus und Liberalismus wird sich eine neue Heimat suchen, bei der FDP, bei der AfD und vielleicht auch bei den Sozialdemokraten, sofern die ihr Verhältnis zu den Grünen angesichts der schwarz-grünen Annäherung überdenken.
Bis hierher, über die Hinwendung der Union zu den Grünen, und welches Konfliktpotential dies vor allem für die CDU hat, wurde schon viel diskutiert, so richtig neu ist es also nicht.
Doch wenn man die Vorabmeldungen über das Friedrich-Interview weiter verfolgt, so wird ein ganz erhebliches neues Konfliktfeld deulich.
Dazu SPON:
Frau Merkel hat sich aber entschieden, der SPD und den Grünen die Themen wegzunehmen, denken Sie nur an den planlosen Ausstieg aus der Kernenergie oder die Einführung der doppelten Staatsangehörigkeit", sagte Friedrich dem SPIEGEL. "Dies ist kurzfristig erfolgreich, wie die Meinungsumfragen zeigen, langfristig ist es ein verheerender Fehler, der zur Spaltung und Schwächung des bürgerlichen Lagers führen kann", betonte der ehemalige Bundesinnenminister.
Das zeige auch die Pegida-Bewegung, die die Union kalt erwischt hat. Zuletzt hatten sich in Dresden vor Weihnachten 17.500 Menschen auf einer Pegida-Kundgebung versammelt. Richtige Antworten auf das Phänomen hat die Parteispitze der Union bisher nicht. "Ich glaube, dass wir in der Vergangenheit mit der Frage nach der Identität unseres Volkes und unserer Nation zu leichtfertig umgegangen sind", sagte Friedrich. "Da müssen wir umdenken, auch in der CSU."
Auf diese Frage, was denn eigentlich die Identität der Deutschen ausmacht, darauf gibt es nirgendwo befriedigende Antworten, und diesbezüglich ist es auch kein Zufall, dass gerade jetzt Christopher Clarks »Schlafwandler« so intensiv diskutiert wird. Ein anderes Selbstbild von den Deutschen drängt sich in Vordergrund, eines welches nicht mehr automatisch Militarismus oder Chauvinismus als Wesensmerkmal der Deutschen sieht. Die Begriffe Volk - Staat - Europa müssen neu beschrieben werden. Die alten Deutungen, hauptsächlich entstanden in der Nachkriegszeit vor dem Hintergrund der Nazikatastrophe, verlieren an Bedeutung. Wenn sich die (noch) großen Volksparteien CDU und SPD dieser Thematik nicht stellen, werden sie sich selbst marginalisieren und neue Kräfte bahnen sich ihren Weg. Hans-Peter Friedrich hat das sehr gut erkannt.
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