Was ist jedoch beim WBGU aus Polanyis Zusammenschau sozialer, ökologischer und finanzieller Krisen geblieben? Nicht viel, was einer Großen Transformation würdig wäre. Mit einer Ausnahme: die Ökologie.So ganz ist man sich darüber auch im Wuppertaler Institut nicht einig. In einem anderem Papier, welches sich der gleichen Thematik widmet, heißt es dann:
Polanyi zeigt somit eine erfolgversprechende Perspektive für Transformationen in Richtung nachhaltiger Entwicklung auf (Enders und Remig 2013).Rainer Hank scheint naiv zu sein, wenn er glaubt, die Kapitalismuskritiker, vor allem die Wachstumskritiker, würden ihren Polanyi nicht kennen. Die haben sich intensiv mit ihm auseinander gesetzt, schon weil sie für ihr Vorhaben, nämlich eine komplette Umgestaltung unserer Gesellschaft, ständig nach Argumenten suchen die zumindest den Anschein haben etwas mit Wissenschaft zu tun zu haben.
Ohne auf die inhaltliche Debatte weiter einzugehen, möchte ich aber auf einen Punkt hinweisen, der oft vergessen wird: Titelklau! Schon in »Kretschmanns Gründerzeit« habe ich darauf hingewiesen, als dieser den Begriff »Gründerzeit« für seine angestrebte Transformation zu 'Grüner Wirtschaft' verwendet, nur nutzt weil er positiv verstanden wird. Und genauso verhalten sich die Wachstums- und Kapitalismuskritiker nun auch, indem sie sich auf Polanyi berufen und den Begriff Große Transformation klauen um ihrer eigenen angestrebten Transformation der Gesellschaft höhere, wissenschaftliche, Weihen anzudichten. Es ist aber in Grunde nur ein Spiel mit Bildern und Assoziationen, modernes Rosstäuschertum.
Könnte es sein, dass Rainer Hank das WBGU-Gutachen gar nicht gelesen hat, aber über Kapitalismus- und Wachstumskritiker schreibt, und nun ganz verwundert die Gemeinsamkeiten zwischen ihnen und Polanyi fest stellt?
Anfügen möchte ich nur noch einen Kommentar, den ich als Nachtrag zu »Kretschmanns Gründerzeit« schrieb.
Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang, dass auch Schellnhubers Große Transformation in Kategorie Verklärung fällt. Hier wird versucht die Neolithische Revolution und die Industrielle Revolution mit dem angestrebten Umbau der heutigen Gesellschaft gleichzusetzen. Man bedient sich an einem Begriff, den ein doch umstrittener Wirtschftswissenschaftler (Polanyi) für bestimmte Phasen der Entwicklung der menschlichen Gesellschaften kreiert hat, und versucht dabei die eigenen Interessen als historische Gesetzmäßigkeit darzustellen. In einer Kritik an Polanyi findet sich diese Formulierung:Dem habe ich nach über drei Jahren immer noch nicht viel hinzuzufügen.„Mit historischen Beispielen kann man Kausalzusammenhänge bei der Fülle von Variablen ziemlich beliebig konstruieren. Änderungen gewisser Parameter sind deshalb nie zwingend auf Veränderungen anderer Parameter zurückzuführen. Die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs muß anhand einer Theorie erklärt werden“In diesem Satz offenbart sich die ganze Verlogenheit historischer Vergleiche und erklärt, warum diese bei Politikern so beliebt sind. Man kann praktisch alles hernehmen um die eigene Agenda auszuschmücken und dabei davon ablenken, auf welch dünnem Boden die eigenen Theorien stehen.
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