7. Februar 2017

Nur kurz und unausgegoren über den Patriotismus

Nein, ich kann mit Patriotismus nichts anfangen. Das Pathos ist mir suspekt. Egal in welchem Zusammenhang. Ob es etwas Gutes oder etwas Schlechtes ist, ein Patriot zu sein, weiß ich nicht, ich habe keine Sensoren dafür. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht so schnell zu begeistern bin, selbst bei Konzerten braucht es lange bis die Begeisterung von mir Besitz ergreift, immer wehre ich mich dagegen.

Ein kluger Gedanke, ein kluger Satz hingegen, löst etwas wie ein Hochgefühl aus, gleich so als hätte ich einen Schatz gefunden. Hat sich allerdings diese erste Begeisterung etwas gelegt, dann wird der Schatz schon kritisch beäugt, und manchmal schäme ich mich meiner ersten Entdeckerfreude, weil dieser kluge Gedanke so oft doch nur blendender Schein war. Die Dinge die erst auf dem zweiten Blick erkennbar sind, nur die, schaffen die nachhaltigen Gefühle und Erkenntnisse; wenn nach dem Aha-Erlebnis, was nichts weiter als das öffnen einer Tür ist, eine weitere Bestätigung und Vertiefung erfolgt.

Ja ja, der Patriotismus, der Stolz ein Deutscher zu sein. Was bin ich? Ein Deutscher! Ein Sachse! Ich habe es mir nicht ausgesucht, es wurde mir geben, dafür bin ich dankbar, manchmal auch weniger, doch Stolz? auch dafür habe ich keinen Sensor, nicht in diesem Zusammenhang. Ich bin wie ich bin, wurde so gemacht, habe mich selbst zu dem gemacht was ich bin. Ist letzteres zu meiner Zufriedenheit geschehen, was selten vorkommt, dann bin ich Stolz auf mich. Ansonst bin ich eben wie ich bin, und darauf habe ich ein Recht. Das ist ganz was anderes als Stolz. Das Recht zu sein, wie man ist, gebührt jeden. Es gehört zur Würde, manchmal auch zur Scham, des Menschen.

Jeder hat das Recht zu sein. Allerdings nicht an jedem Ort zu jeder Zeit. Eine Binse und doch klar und wahr. Wo ist mein Ort, an dem ich sein darf? Ich finde ihn nicht. Soll ich weiter den Ort suchen oder mein Sein verändern? Damit Sein und Ort zueinander passen. Können Patrioten Orte schaffen an denen ich sein darf?

Ist Patriotismus eigentlich nicht mehr als die widerspruchslose Verbindung von Sein und Ort?

Widerspruchslos ist bei mir gar nichts. Noch nie. »Kein Ort, nirgends«, das Buch von Christa Wolf kommt mir in den Sinn. Ich habe es nicht gelesen, ein Freund schenkte es mir einst. Geschenkte Bücher werden von mir nicht gelesen, ich will keine Schätze geschenkt bekommen, ich will sie selbst finden. Doch der Titel drängt sich in diese Gedanken über Sein und Ort. Nirgends ist der Ort wo ich sein kann, da ich nicht im Besitz des Schatzes bin.

Patrioten haben ihren Schatz gefunden, besser, sie haben ihn angenommen. Schatzbesitzer sind sie jetzt. Ich beneide sie, sie haben den Ort gefunden wo sie sein können.

Aber verdammt, auch ich will einen Ort haben wo ich sein darf, auch ohne den Schatz, den ich doch immer nur suchen aber nie finden werde. Es bleiben nur imaginäre Orte, solche die ohne Pathos auskommen. Vielleicht sollte ich weniger lesen, schreiben, reden und mehr Musik hören. Oder wo sonst soll ich suchen?

3 Kommentare :

  1. Lieber Quentin,
    aus meiner Sicht ist der große Stolz auf die eigene Nationalität, z.B. bei den Deutschtürken natürlich auf die türkische Nation, eine Form von Patriotismus, die mir grenzwertig vorkommt.
    Da kippt was völlig weg von jeder Vernunft, denn zur eigenen Nationalität hat man doch selbst gar nichts beigetragen, oder geleistet, sondern das waren die Eltern.
    Auch so kommunistische Vögel, die Schuld-Komplexe ihrer SS-Väter abarbeiten und sich weigern die deutsche National-Hymne oder -Flage zu respektieren, haben doch genauso einen an der grünen-roten-schwarzen Klatsche.
    Also die Anti-Nation-Haltung ist genauso krank wie die Übertreibung des Patriotismus, denn sie ist reine Emotionalität und keine Gelassenheit, zu einem Volk zu zählen.
    Wenn Mister Trump den US-Nationalismus vertritt, dann war sein Vorgänger viel abgehobener, eher im Stile eines Community-Organicyzer, aus Chicago so wie Reiner Baake.
    Mister Trump will Jobs für die Familien-Menschen die ihren Unterhalt nicht an der Wall-Street erspekulieren.
    Die Abgehängten sollen sich wieder besser fühlen und das Selbstbewußtsein zurück erlangen, keine Versager zu sein.

    Denn unter Obama war der globale Klima-Klingeling-Zug in Fahrt gekommen, der nur einer Klima-Elite hohe Renditen beschert, aber denen die diesen Schwachsinn finanzieren, die mit Lobby-Gesetzen zur Zahlung von zig Milliarden gezwungen werden, diese Bevölkerung hat Trump gewählt.
    Denn sie fühlen sich in erster Linie für ihre Familien verantwortlich und Trump nahm seine Familie weit sichtbar mit auf die Wahlkampf-Bühnen, um zu signalisieren ich bin ein erfolgreicher Familien-Vater und möchte Euch zu Jobs verhelfen.
    Exakt das macht die ungeheure Distanz zu den EU-Figuren, der Merkelin und ihren Kapos aus.
    Es sind eher Familien-Feinde!

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  2. Es gibt Völker, die sind ausgestorben, andere sind es nicht.
    Wobei man diskutieren kann, ob es so etwas wie Völker überhaupt gibt. Nur sind die Völker, die das leugnen, die ersten Völker, die aussterben.
    Und dann die Frage: Ist es wünschenswert, dass das Volk der Polen, der Yanonami, der Maori, der Tibeter, der Chinesen, der Deutschen, der Finnen, der Esten, ... ausstirbt oder dass es nicht ausstirbt?
    Und was bedeutet dieses Aussterben für den einzelnen Angehörigen eines Volkes?
    Keines der von den Römern eroberten Völker wollte Römer werden. Viele wurde es aber dann doch. Einige aber nicht.
    Die Juden haben 2.000 Jahre als Volk ohne Land überlebt. Ist das wünschenswert? Hätten sie sich besser in die jeweiligen Völker integrieren sollen? Die Tibeter werden sicherlich als Volk aussterben. Sollen sie sich freuen, dass sie Chinesen werden? Die Finnen hatten bis 1917 nie einen eigenen Staat. Hätten sie sich besser an andere Völker anschließen sollen? Wären die baltischen Staaten länger Teil von Rußland geblieben, würden die baltischen Völker sicher aussterben. Wäre das besser oder schlechter?

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  3. In meinem Empfinden bin ich dir Quentin eher seelenverwandt, und damit auch Kind meiner Zeit. Patriotismus ist mir keine Herzensangelegenheit, aber vielleicht eine gewisse Kopfgeburt. Denn als Vater von 4 Kindern fühle ich mich keineswegs als guter Vater. Auch sind mir die Kinder nicht egal, aber ich fühle mich durch diese Rolle nicht identifiziert. Manche könnten loben, dass ich die Kinder auch gut los lassen kann.

    Vom Kopf her aber sehe ich mich eingebunden in ein konkretes Umfeld: Sozialisiert an einem Ort, mit Eltern in einem Land, einer Kultur mit der biologischen Aufgabe der Vermehrung konfrontiert. Identität ist für mich die Bewusstwerdung der eigenen Geschichte, Bindung, Aufgaben und Verantwortung. Identität ist nicht eine reine Erfindung, sondern die Bejahung der Realität. Und diese wird darum Konsequenz zu einer positiven Lebenseinstellung.

    Nationalstolz und Patriotismus sollte darum für mich eine natürliche Grundeinstellung sein, die sich gegen einen verzerrenden Nationalismus und Rassismus einerseits abgrenzt, andererseits gegen einen indifferenten Individualismus. Nationalstolz ist für mich weder durch Superiorität definiert, noch durch Ethnizität oder Blut-und-Boden. Sondern durch die Anerkennung meiner eigenen Geschichte, meiner Wurzeln und der bewusst akzeptierten Werte ... gerade wenn ich diese auch einer kritischen Prüfung unterziehe.

    Ich halte in der Tat, trotz einiger bedenklicher Trends, die Errungenschaften deutscher und europäischer Geistesgeschichte, die daraus gewonnen Werte für äußerst kostbar, die ich keineswegs indifferent irgend eine Entwicklung preisgeben will, die von ganz anderen Mächten getrieben ist.

    Nationalstolz ist für mich das Bekenntnis, diese Errungenschaften zu verteidigen und weiter zu entwickeln. Nicht als Frontstellung zu anderen Nationen oder Meinungsgegenern, sondern zuerst als die positive Erkenntnis eigener Identität und Erkenntnis im sozio-kulturellen Verbund.

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