2. Oktober 2017

Schnipsel im September'17

Gibt es einen besseren Indikator für die empfundene öffentliche Sicherheit als den den »Kleinen Waffenschein«? Die Anträge dafür schnellen in die Höhe. Ende Juni waren 71484 Menschen in Baden-Württemberg im Besitz des kleinen Waffenscheins, Ende 2015 waren es noch rund 43000.


Tja, jede Zeit hat ihre eigenen Generationenkonflikte: „Im Rhein-Neckar-Kreis hat ein 13-Jähriger seine Mutter bei der Polizei verpfiffen, als er bemerkte, dass diese Cannabis im Garten anbaute.“


Habe die Sendung mit der Weidel im TV nicht gesehen, in der sie das Studio verließ. Aber dass die sie vorgeführt werden sollte, war doch von vornherein klar. So traf dann Inszenierung auf Gegeninszenierung.


Was bin ich, fragte einst Robert Lempke. Er fragte nicht, was mache ich, obwohl nach dem Beruf gefragt wurde. Es war irgendwie selbstverständlich, dass das was ich bin, auch mit dem zu tun hat, was ich mache, welchen Beruf ich ausübe. Was bin ich? ist auch eine Frage nach dem Lebensentwurf, der Identität, der Persönlichkeit, der Verortung und Verwurzelung. Es gab Zeiten, da konnte man diese Frage in ihrer ganzen Breite mit der Auskunft über den ausgeübten Beruf beantworten. Es müssen herrlich unkomplizierte Zeiten gewesen sein.


Das Internet wurde durch die Sciencefiction-Autoren nicht vorher gesehen. So viel zu denjenigen, die meinen die Zukunft vorhersagen zu können, noch nicht mal in Kunst oder Literatur klappt das. Es hat nämlich nicht nur mit Sciencefiction zu tun, sondern auch mit all den Prognosen in die Zukunft, die nur dazu dienen, heute auf die Zukunft zu reagieren. Die Zukunft gehört den Zukünftigen, nicht uns, wir sollten uns um die Gegenwart kümmern.


Es gibt „Geldspürhunde“ war zu lesen. Brauch ich auch, unbedingt, spätestens im letzten Monatsdrittel.


Gestern mit einem ganz Grünen diskutiert. Nachdenklich wurde er, als ich sagte, dass die ganzen Nachhaltigkeitsnarrative und das Loblied auf die Regionalität, im Grund auch nur ein Bedürfnis nach Identität und Zugehörigkeit bedienen.


Der humanitäre Universalismus ende erst dann, so Sieferle, „wenn völlige Freizügigkeit, Offenheit sämtlicher Grenzen und totale Mobilität auf den Weltarbeitsmärkten bestehe.“ Im Sinne dieser Logik ist es nur konsequent, wenn der ethnische Volksbegriff komplett gestrichen wird.


Ich bin so froh, dass meine Frau diese ganzen im Netz berichteten „Einzelfälle“ nicht mit liest, überhaupt nichts mit „sozialen Medien“ am Hut hat. Die Kinder dürften gar nicht mehr aus dem Haus. Es fällt mir so schon schwer genug sie zu beruhigen.


Wahlen in Zeiten des Postpluralismus: Dort wo der Glauben regiert, also Glauben und Macht verknüpft sind, hat es der Pluralismus schwer.


In den Institutionen hat sich die grüne Macht verfilzt. Dort muss aufgeräumt werden, ein Regierungswechsel allein bringt nicht viel.


Das Dilemma der Presse: Was tun, wenn die Falschen das Richtige sagen?


Die FDP fordert einen Untersuchungsausschuss zu Merkels Grenzöffnung!?! Bin mal gespannt wie lange diese Forderung Bestand hat, vor allem wenn die Futtertöpfe einer Regierungsbeteiligung locken.


Prof. Dr. Dieter Borchmeyer: „Blickt man indessen in die Lehrpläne des BaMF und die von ihm verordneten Lehrbücher des BaMF, so muß man feststellen, daß sie Deutschland tatsächlich im Sinne von Frau Özoguz ohne deutsche Kultur auskommen lassen.“


Wenn eine Beziehung zu Ende ist, stellt sich erst einmal ein Leere ein. Dem Trennungsschmerz folgt die Sinnkrise. Als Faustregel gilt, halb so lange wie die Beziehung dauerte, braucht es, bis man wieder zu sich selbst gefunden hat, oder sich einer neuen Liebe ganz und gar hingeben kann. Momentan sieht es so aus, als ob das Verhältnis der Deutschen zu den Grünen sich abzukühlen beginnt. Wie lange wird es dauern, bis die Deutschen auch den ganzen Erinnerungskrimskrams, diese vielen unnötigen Gesetze und Verordnungen, die Bildungspläne, Energiewenden und das Nachhaltigkeitsgedöns entsorgen. Bislang haben sie sich noch nicht mal dran gemacht den Kram zu sortieren. Die Trennung ist noch nicht mal richtig ins Bewusstsein vorgedrungen, momentan versucht man noch »gute Freunde« zu bleiben. Wie das Ehepaar, dass sich vornimmt weiterhin einen freundschaftliches Verhältnis zu bewahren. Schon der Kinder wegen. Ich habe von Paaren gehört, bei denen das gekappt haben soll. Das Anbiedern der Grünen an den Konservatismus, ans Bürgertum, hat diesen Sinn: Gute Freunde bleiben, damit die Kinder Energiewenden und Nachhaltigkeit und und und weiter durchgefüttert werden.


Die Frage die ich mir immer wieder stelle: Was sagt es über die CDU aus, dass jemand wie Merkel dort das Sagen bekommen hat. In welchen Zustand der Verwirrung befindet sich die Partei, und hat das nicht mit dem Zustand des Landes insgesamt zu tun? Diese Verwirrung meine ich. Ich schiebe die Verwirrung u.a. darauf, dass der alten BRD die Fundamente der Identität weg bröckeln, die da waren Kalter Krieg und deutsche/europäische Teilung. Eindeutige Zuordnungen, auf die man sich verlassen hatte, lösen sich auf. Das schafft Verunsicherung.


Jetzt sitze ich hier, will wählen gehen, doch meine Frau lässt mich noch nicht. Sie richtet meine und ihre Klamotten her, so als wenn sie zu einer Hochzeit gehen will. Ich will nicht motzen, schließlich zeigen wir als Eltern unseren Kindern damit, wie wichtig wählen ist.


Amorph liegt der Wählerwillen vor uns. Vorher schien er schön sortiert in Gefäßen aufbewahrt.


Bislang hat noch jeder Kanzler den besten Zeitpunkt für den Abschied von der Macht verpasst. Zu unersetzlich halten sie sich.


Die CDU hat ein viel größeres Problem als Merkel: Ihre Sinnkrise. Diese ist die Sinnkrise des Konservatismus in der Bundesrepublik insgesamt, der versucht ohne völkische Narrative auszukommen.


Welche Erschütterungen werden die Fundamente der Gesellschaft noch aushalten. Oder welche Unterhöhlungen. Man müsste Geologe, Seismologe und Architekt gleichzeitig sein.


»Gramsci« immer wieder höre ich Gramsci. Warum nur ist der so aktuell heute?



Dossier: Aphorismen

1 Kommentar :

  1. "Das Internet wurde durch die Sciencefiction-Autoren nicht vorher gesehen."

    Richtig. Es wurde von ihnen nämlich nicht gesehen, sondern eher entworfen. Die früheste Geschichte (1946), in der sich Netzwerke, Server und angeschlossene PCs erahnen lassen, dürfte "A Logic named Joe" sein: https://en.wikipedia.org/wiki/A_Logic_Named_Joe

    Das grafische World Wide Web wurde zu nicht geringem Teil von den Romanen William Gibsons inspiriert, deren erster und bekanntester, "Neuromancer", interessanterweise zu den letzten Büchern gehört, die noch mit Schreibmaschine geschrieben wurden.

    Die Bedeutung der Science Fiction liegt nicht in ihrer "Vorhersagekraft", sondern darin, dass sie Wissenschaftler, Techniker und Unternehmer inspiriert. Ihre größte Schwäche ist nicht, dass sich ihre "Prognosen" als falsch erweisen, sondern die geringe sprachliche und inhaltliche Kraft der meisten SF-Geschichten -- mit äußerst bemerkenswerten Ausnahmen: "Berge, Meere und Giganten" von Alfred Döblin, "Die Vierte Zwischeneiszeit" von Abe Kobo, sowie die Romane von Karel Čapek ("Der Krieg mit den Molchen"), Thomas Pynchon und Arno Schmidt ("Die Gelehrtenrepublik", "Die Schule der Atheisten"), sowie auch der oben erwähnte William Gibson.

    (Huxley und Orwell werden dagegen gnadenlos überschätzt. Ebenso Ray Bradbury.)

    Nur mit der Gegenwart *kann* sich ein Mensch prinzipbedingt nicht befassen, da gar nicht klar ist, worum es sich bei der "Gegenwart" handelt. Das menschliche Nervensystem vermag ca. 1/20 Sekunde noch aufzulösen -- ist also die Gegenwart der gerade ablaufende Augenblick und Vergangenheit und Zukunft nichtexistent? Oder die gegenwärtige Zeitepoche? Diese, das 21. Jahrhundert bzw. das Digitale Zeitalter, hat soeben erst begonnen und ist daher von Natur aus auf Zukunftserwartungen ausgerichtet.

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