31. Dezember 2021

Notizen im Dezember 2021

 

Kann ich mir mein Land, meine Heimat (wenn ich eine hätte), über Ideologie oder über (Grund)Gesetze erklären? Nein, das geht nicht, da kommen nur wackelige Gedankenkonstruktionen heraus.   

 

 

Als Kind oder Jugendlicher konnte ich es mir meist nicht verkneifen, als Erstes die letzten Seiten eines Buches zu lesen. Erst als Erwachsener verlor sich dieser Drang, weil ich erkannte, dass die letzten Seiten bedeutungslos sind, wenn man den Weg dahin nicht kennt.   

 

 

Wir sollten die anregende Wirkung von Spaziergängen auf das Denken niemals unterschätzen. Nietzsche wusste das, Heidegger sowieso, Rousseau auch, Montaignes wanderte.   

 

 



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An Weihnachten erinnere ich mich an eine für mich schreckliche Zeit, die ersten Jahre nach meiner Scheidung und der Trennung von den Kindern. Ich verfiel in tiefste Depressionen, ging in die Kneipe und betrank mich hemmungslos. Das ist heute überwunden, Gott sei Dank, nun habe ich eine neue Familie. Aber den Menschen, denen es heute so geht wie mir damals, möchte ich jetzt gedenken, für sie ein kleines Gebet aussprechen. Ja, auch den Wirten danken, die Weihnachten ihr Lokal offen lassen, sie sind die eigentlichen Seelsorger.   

 

 

Wenn ich Bach höre, oder georgischen Kirchengesang, wenn die Kunst im Spiel ist, dann verstehe ich das Christentum. Nur dann. Mit jedem Wort, was gesprochen wird, wachsen die Zweifel.   

 

 

Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, da freuten sich die Eltern, wenn ihre Töchter die Röteln bekamen.   

 

 

Jesus würde heute dies tun, oder das. Jesus würde heute dieses sagen, oder jenes. So tönt es aus allen Ecken. Wie erträgt Jesus diese permanenten Unterstellungen oder gar Verleumdungen?   

 

 

Auch bei den Montagsdemos zum Ende der DDR, war es nicht die Mehrheit der Bürger, die auf die Straße gingen.   

 

 

Physische Präsenz braucht es, um die Freiheit zu verteidigen. Alles Digitale mag hilfreich sein, doch am Ende zählt nur das, was man tatsächlich anfassen könnte: Den Menschen, wie er aufrecht steht oder spazieren geht.   

 

 

Die Masse denkt nicht, sie teilt nur Gefühle (die nicht immer zwangsläufig falsch sein müssen). Doch der Denkende separiert sich automatisch und das macht einsam. Davor haben die meisten Menschen Angst, sie kastrieren ihr Denken, damit es massenkompatibel ist.   

 

 

Ich habe es mir verboten, Verbote, die von anderen ausgesprochen werden, unreflektiert zu befolgen.   

 

 

Es ist die Zeit der Verbote, die Medien und vielleicht die Mehrzahl der Bürger verlangen danach. Die Grünen können ihr Glück gar nicht fassen. Schnell, schnell, macht die Freiheit kaputt, die Zeit ist günstig dafür.   

 

 

Beim Lesen der aktuellen Nachrichten überkommt mich manchmal das Gefühl, am Tourette-Syndrom erkrankt zu sein, so oft bricht aus mir, völlig unkontrollierbar, das Wort „Scheiße“ heraus.   

 

 

„Bleibt gesund!“, dieser Gruß, meist als Abschluss eines Smalltalks mit Bekannten oder Nachbarn, ist ja gerade sehr in Mode gekommen, mir aber noch nie über die Lippen gekommen. „Tschüss und alles Gute,“ antworte ich dann und verkneife mir dabei, was ich eigentlich sage möchte: „Gute Besserung!“. Das könnte zu schnell falsch verstanden werden, denn der Wunsch nach Besserung betrifft ihren Kopf, der von Ängsten heimgesucht erscheint.   

 

 

Sie legte den Kopf auf meine Schulter und kaum eine Minute später war sie eingeschlafen, ich spürte wie sich ihr Körper entspannte und hörte nur noch ein leichtes Schnarchen. Wäre mir das als junger Mann passiert, ohne dass wir Sex hatten, die Selbstzweifel wären groß.   

 

 

Nur der Jüngste scheint sich auf Weihnachten zu freuen, fragt schon, welchen Baum wir haben werden, spricht von den Lichtern und Kugeln, der Lametta und den Süßigkeiten. Alle anderen: Keine Vorfreude, kein Interesse am Fest. Wenn wenigstens Silvester ein Lichtblick wäre, zur Besinnlichkeit die Ausgelassenheit kommt, dann wäre es nicht so schlimm. Aber: Kein Feuerwerk, keine Party, nur ein dahinvegetieren, nicht mal Vorfreude auf das nächste Jahr kommt auf. Was soll denn auch besser werden? Überall Masken, Tests und Angstmacherei und an den Urlaub will ich schon gar nicht denken. Nein, Ängste erfassen mich nicht, nur eine Gleichgültigkeit, die fast alle Aspekte des Lebens betrifft. Aber der Jüngste freut sich und wir werden uns anstrengen und bemühen, dass ihm diese Freude erhalten bleibt.   

 

 

Ein alter Mann lag auf dem Gehweg, eine Frau beugte sich über ihn und versuchte zu helfen. Ich stoppte, Warnblinker an, und schaute, was ich da tun konnte; half ihm hoch, sie rief den Krankenwagen. Bis der eintraf, unterhielten wir uns. Sie meinte, es wären so viele vorbeigefahren, doch niemand hielt an.

Blut tropfte dem Mann aus dem Gesicht, er wusste nicht, warum er auf dem Gehweg gestürzt ist, aber er war wieder ansprechbar. Wir hielten und unterhielten ihn, bis der Krankenwagen da war. Einer, ein einziger Autofahrer, an dieser viel befahrenen Straße, hielt dann doch kurz an und fragte, ob wir Hilfe bräuchten.

Auf dem Heimweg dann, fragte meine Frau: Warum nur hat da keiner angehalten und geholfen? Weil sie alle Angst vor Corona haben? Das ist gestern Nachmittag, am Dienstag zwischen dem 3. und dem 4. Advent in Wolfschlugen passiert. Mir geht ihre Frage nicht mehr aus dem Kopf.   

 

 

„So wenig Weihnachtsdekoration dieses Jahr, die Fenster so traurig“, bemerkte sie. Gestern Abend schon, als ich sie zum Corona-Schnelltestcenter brachte, als Ungeimpfte muss sie sich ja jeden Tag testen lassen um arbeiten gehen zu können. Und heute Morgen wieder, diesmal ein anderer Weg, doch nur wenig geschmückte Häuser oder Fenster. Welch ein Kontrast zum Gedudel aus dem Autoradio. Weihnachtslieder, Back- und Kochrezepte jede Stunde, so als ob, wie in früheren Jahren, sich die Leute auf Weihnachten freuen würden. Wenn ich in die Fenster der Häuser blicke, sehe ich ein anderes Bild.   

 

 

Was werden andere Menschen in mir sehen? Das fragen sich so viele, sie passen sich an, wollen genehm erscheinen, die Augen der Anderen scheinen ihnen wichtiger als die eigenen.   

 

 

Manche Menschen – nur die ganz starken – nutzen die Erkenntnis, einer Lüge aufgesessen zu sein, zur eigenen Weiterentwicklung. Die weniger starken allerdings, werden die Lüge verteidigen, sie haben Angst vor der Selbsterkenntnis.   

 

 

Es ist so simpel und so wahr, alles, wirklich alles, was den Menschen antreibt, lässt sich auf diese Bedürfnisse zurückführen: die Sehnsucht nach Glück und die Angst vor dem Leid. Das Problem ist nur, dass die Vorstellungen von Sehnsucht, Glück, Angst und Leid so unterschiedlich sind.   

 

 

Manche Worte lösen quasi automatisch Unbehagen aus. Bei mir: Gleichschritt!   

 

 

Massenbewegungen entstehen zumeist in Hinblick auf ein schnell zu erreichendes Ziel, eines was aus der Empörung erwachsen ist. Später, wenn die Empörung abgeklungen ist, wird das Ziel in immer weitere Ferne gerückt und neu entstandene Riten sichern den Zusammenhalt.   

 

 

Ein Schokobrezel liegt auf meinem Schreibtisch, der Jüngste hat sie mir gegeben. Ach hätte ich mich doch nur einfach daran erfreut und nicht nachgefragt, ob das Gebäck von ihm ist. „Ja, ist von mir“, sagt er, „schmeckt Scheiße und die esse ich nicht.“   

 

 

Der Große Öko-Sprung nach vorn soll nun also kommen. Statt Hochofen in jedem Hinterhof, wie bei Mao damals, jetzt Solaranlagen und Windmühlen auf jedem Dach. Meistens landen solche großen Sprünge im Dreck.   

 

 

Ich habe in meiner Jugend in der DDR erlebt, wie eigentlich sonst ganz vernünftige und nicht dumme Menschen das System verteidigten. Seit dem weiß ich, Fakten bestimmen nicht die Überzeugungen.   

 

 

Vielleicht hat die Cannabis-Freigabe etwas Gutes und in den Zügen werden wieder Raucherabteile eingeführt.   

 

 

Rückt das Ziel in immer weitere Ferne, werden Riten ersonnen und Institutionen geschaffen, die ein Gemeinschaftsgefühl geben, um die Masse weiter auf dem Weg zum Ziel zusammenzuhalten. Irgendwann übernehmen diese Institutionen die Macht und das Ziel wird unwichtig.   

 

 

Ich war schon immer skeptisch gegenüber dem Begriff „Verfassungspatriotismus“, heute um so mehr. Er kommt mir so unvollkommen daher, dieser Begriff, so als ob etwas verschleiert oder verborgen werden müsste.   

 

 

Mein Vater und ich verstanden uns meist nicht. Ihm war immer das Ziel das Wichtigste, welchen Weg er dahin gehen musste, war ihm egal, nur das Ziel zählte. Mir aber ist der Weg wichtiger als das Ziel, dieses kann sich jederzeit ändern, je nachdem was ich auf dem Weg erlebe.   

 

 

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