Erstaunlich wenig hört man heute in den politischen Diskussionen den Begriff 'Freiheit'. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und den gesellschaftlichen und politischen Wandel in den ehemaligen Ostblockstaaten ging der Ort verloren mit dem für die Politik, und auch für die Menschen, die Unfreiheit vorstellbar wurde. Wahlkampfslogans wie »Freiheit statt Sozialismus« wirkten nur deswegen so gut, weil es eben diese verortete Unfreiheit gab. Seit dem, so hat es den Eindruck, ist die Freiheit lediglich Gegenstand einer akademischen Diskussion geworden, in der die verschiedenen Aspekte hauptsächlich in wirtschaftswissenschaftlicher Weise betrachtet werden. Philosophen, Soziologen werden bemüht, aber alles bleibt recht theoretisch und abstrakt, ein Überspringen des gedanklichen Funkens in konkrete aktuelle politische Diskussionen findet nicht statt. Auch die Reden von Bundespräsident Gauck zu Beginn seiner Amtszeit, haben, außer im Feuilleton, kaum Beachtung gefunden. Und wenn die Vorsitzende der CDU von Freiheit spricht, dann meist Zusammenhang von Meinungs- und Reisefreiheit. Deren Vorenthaltung haben Millionen Deutsche noch selbst erfahren müssen. Dennoch, was denn Freiheit heute in einer immer komplexer werdenden Welt wirklich bedeutet, ist unklarer den je zuvor.
Nun waren es bisher am ehesten die 'Liberalen' die Freiheit in eine politische Sprache und entsprechende Forderungen übersetzt haben, leider eben mit Hauptaugenmerk auf die Wirtschaft, zumindest in den letzten Jahren. Als dieses Prinzip auch dort immer weiter unter die Räder geriet, wie beispielsweise bei der Energiewende oder der Eurorettung, wurde das zum i-Tüpfelchen für die Krise des Liberalismus in Deutschland. Von der AfD bis zu den GRÜNEN wollen nun alle die FDP beerben und stellen sich als die neuen Liberalen hin, wobei sie, beim näherem hinsehen, meist nur die Worthülsen gekaut haben. Und so wie 'liberal' zur Worthülse verkommen ist, ist es auch die Freiheit. Irgendwo angesiedelt zwischen Geschichtsbewusstsein und der heutigen Möglichkeit eine Regierung abwählen zu können.
Höchste Zeit also, sich einmal ernsthafte Gedanken zu machen, was Freiheit auch jenseits der Programme von politischen Parteien bedeutet. Hier und heute in dieser Gesellschaft in der wir leben. Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass praktisch alle Lebensbereiche davon betroffen sind, und um es noch vollständig unübersichtlicher zu machen, auch noch einzubeziehen, dass es individuelle Freiheit genauso gibt wie die Freiheit der Gemeinschaft. Schon unsere Nationalhymne lässt das Problem anklingen: »Einigkeit und Recht und Freiheit«. Einigkeit in Hinblick auf individuelle Freiheit muss ja bedeuten, dass die Freiheit zur Einigkeit ein Recht ist, doch wie sieht es dann aber mit der Freiheit zur Uneinigkeit aus? Kollektive und individuelle Freiheiten schließen sich gegebenenfalls aus. Freiheit ist demzufolge auch immer ein Aushandlungsprozess in den jeweiligen Gesellschaften zu einer bestimmten Zeit unter bestimmten Umständen. Das heißt, sie muss ständig neu beschrieben werden. Technische Entwicklungen fließen hier ebenso ein, wie durch steigenden Wohlstand erweiterte Möglichkeiten. Wie gesagt, diese Auseinandersetzung um die Freiheit, was sie heute bedeutet, findet kaum statt. Ein kurzes Aufflackern war zu vermerken, als der Veggiday kürzlich die Schlagzeilen bestimmte. Das war es dann aber schon.
Einen Versuch diese Diskussion sowohl auf ein breiteres Fundament zu stellen, als auch zu aktualisieren, haben nun die Macher von NOVO-Argumente unternommen und ein Freiheitsmanifest veröffentlicht, das verdeutlichen soll, was heute Freiheit bedeutet. 13 Thesen, von Naturbeherrschung über Verhaltensregulierung bis hin zum Menschenbild sind formuliert und erläutert, und nach der Lektüre dieser wird auch klar, warum die FDP von ihren Anhängern verlassen worden ist. Sie haben es einfach nicht geschafft darzustellen, welchen Stellenwert die Freiheit bei ihnen hat. Es war bei ihnen, wie bei allen anderen auch, zur Worthülse verkommen.
Die Breite der Themen verbietet es, hier auf die einzelnen Aussagen einzugehen, es würde den Rahmen sprengen. Deshalb nur der Verweis zum Freiheitsmanifest. Ich würde mir eine breite Diskussion darüber wünschen um die Worthülse Freiheit wieder mit Inhalt zu füllen. Auf dieser Basis könnte dann auch der Liberalismus in Deutschland einen Neuanfang starten.
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