Demnächst dürft ihr darüber abstimmen, ob es zu einer großen Koalition in diesem Lande kommt, damit fällt euch eine große Verantwortung zu. Jedem einzelnen von euch, völlig unabhängig ob er, oder sie, sich selbst irgendwann einmal einem Wählervotum gestellt hat und damit in irgendeiner, wenigstens abstrakten Weise, dafür legitimiert ist Entscheidungen zum Wohle des Landes zu treffen. Einfache Mitgliedschaft genügt, es muss nicht mal jemand wissen, ob ihr in der Partei seid.
Wie nun in der Presse zu lesen war, wird es bei dieser kommenden Abstimmung ein Quorum geben, nämlich zwanzig Prozent. Jeder fünfte von euch müsste teilnehmen, dass diese Abstimmung gültig wird. Also rund 0,15% der Wahlberechtigten dieses Landes. Eure Parteiführung geht aber von fünfzig Prozent Wahlbeteiligung aus, damit wären bei bei 0,38% aller Wähler in Deutschland.
Wobei, ob die Zahl stimmt, kann auch nicht genau gesagt werden, da bei euch ja auch Mitglied werden kann, der nicht die Deutsche Staatsbürgerschaft hat. Doch es kommt noch dicker:
Aber auch Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit können Mitglied der SPD werden, auch wenn sie ihren Wohnsitz außerhalb Deutschlands haben. Für Doppelmitgliedschaften in Parteien gilt die gleiche Regelung wie für Deutsche.
Doch kommen wir noch mal zurück zu den Zahlen. Um die große Koalition platzen zu lassen, braucht es zwei Voraussetzungen. Das Quorum muss erfüllt werden, und von den abgegebenen Stimmen müssten die Mehrzahl gegen eine Koalition mit der Union stimmen. Im Extremfall, wenn das Quorum gerade eben erfüllt wird, wären dies weniger als fünfzigtausend Stimmen. Das sind mal so rund 0,08% der Wahlberechtigten in Deutschland. Noch mal in Worten NullKommaNullAcht Prozent. Selbst wenn die Beteiligung so hoch ist wie von eurer Parteispitze angenommen, wären wir bei NullKommawenigeralszwei Prozent.
Ich denke, ihr lieben SPDler, soviele Leute müsstet ihr doch zusammenbekommen und die große Koalition noch zu verhindern.
Herzlichst, euer Quentin
P.S. an alle die diesen Brief lesen: Selten wurde das Demokratiedefizit in unserem Land offensichtlicher, als bei diesem unwürdigen Spiel um die Macht wie es derzeit geschieht. Eine kleine Minderheit kann entscheiden wie es in diesem Land weiter geht; dass ich mir dabei wünsche, dass die große Koalition nicht kommt, spielt keine Rolle. Für was gibt es eigentlich Abgeordnete im Bundestag, die das entscheiden müssen, schließlich sind die dafür gewählt worden. Ach halt, ich vergaß. Dass stimmt ja auch wieder nicht. Die Mehrzahl der SPD Abgeordneten sind ja über Listenplätze ins Parlament eingezogen, somit sind die schon nicht vom Wähler legitimiert, sondern von der Partei.
Angela Merkel, bitte beenden Sie dieses unwürdige Spiel und haben Sie das Rückgrat sich als Bundeskanzlerin für den 18. Bundestag wählen zu lassen, als Chefin einer Minderheitsregierung, die sich dann ihre Stimmen im Parlament sucht. Vielleicht gibt es ja den einen oder anderen SPD Abgeordneten, der sich nicht ausschließlich der Partei verpflichtet sieht, sondern seiner Arbeit nachgeht wie es das Grundgesetz vorsieht.
Unsere parlamentarische Demokratie befindet sich im Würgegriff der Parteien, das ist der eigentliche Skandal der durch diese Mitgliederbefragung offensichtlich wurde.
Ob eine Koalition zustande kommt lag niemals an der Entscheidung des Wählers! Immer haben dies die Parteien selbst entschieden. Im Falle der CDU/CSU heißt das, Merkel, Seehofer und ihr Führungszirkel entscheiden. Im Falle der SPD entscheidet die Partei. Diese Diskussion ist heuchlerisch und reine Stimmungsmache. Wenn Sie so schön Prozentzahlen ausrechnen können, dann geben sie bitte mal den Anteil an der Gesamtbevölkerung an, der auf CDU-Seite entscheidet.
AntwortenLöschenMfG Angela Kohl
Ahhh, ja. Wenn über 400000 Leute entscheiden, ob ihre Partei einer großen Koalition beitritt, ist das undemokratischer, als wenn nur eine Handvoll Leute aus dem Parteivorstand der CDU darüber entscheiden? Ist klar...
AntwortenLöschenSelten einen so wenig durchdachten Artikel gelesen. Hier wird sich darüber beschwert, dass nur 0,76% der wahlberechtigten Bevölkerung abstimmen dürfen?! Ernsthaft??? Wenn es diese Wahl nicht gäbe würde der Prozentsatz doch noch viel geringer ausfallen und gegen 0% tendieren. Aber klar, das ist vieeeel Demokratischer....NICHT!!!!!!!!!!
AntwortenLöschenUnd die Abgeordneten des Bundestages haben damit absolut nichts zu tun. Dies ist eine Parteiinterne Wahl. Diese Partei - und nicht nur die Parteispitze - wurde von einem Teil des Volkes gewählt, daher ist es Meiner Meinung nach rechtens, wenn auch die ganze Partei über ihre Zukunft/über ihren Beitrag in der deutschen Politik abstimmen darf. Keine Ahnung was daran so schwer zu verstehen ist. Und wieso dann ausgerechnet das ein Demokratiedefizit aufzeigen soll ist mir das allergrößte Rätsel.
Und zu den wenigen ausländischen Parteimitgliedern und Minderjährigen:
1. Diese machen höchst wahrscheinlich nur einen minimalen und daher zu vernachlässigbaren Anteil der Mitglieder aus!
2. Man wird in der Regel nicht nur aus Jux und Tollerei Mitglied einer Partei, sondern weil man hinter den Prinzipien und Philosophie dieser Partei steht. Daher empfinde ich auch in diesem Fall das Mitspracherecht als legitim.
Könnte jetzt hier noch 10 Absätze mehr unterbringen, aber ich denke für den Autor reicht das erstmal als denkanstoß...
@2xAnonymos und Angela Kohl,
AntwortenLöschenParteien tragen zur Meingsbildung in der Bevölkerung bei, das ist gut so, problematisch wird es, wenn die Parteien Entscheidungen treffen, die die Freiheit und die Unabhängigkeit der Abgeordneten betreffen. Ganz wird sich das nicht verhindern lassen, und wir hatten es ja auch schon beispielsweise bei der FDP, als die sich einem Mitgliederentscheid über Euro geleistet haben. War im Prinzip auch nicht viel anders.
Hier bei dieser SPD-Mitgliederbefragung wird es nur noch mal überdeutlich welches Demokratiedefizit entstanden ist. Ob ein Parteitag oder ein Parteiführungsgremium oder eine Parteimitgliederbefragung Entscheidungen trifft die aber nach den Regeln der parlamentarischen Demokratie ins Parlament gehören, ist letztlich egal. Ein Mitgliederentscheid ist nur ein Element in der innerparteilichen Demokratie, bei dem eben nicht nur Funktionäre und Parteitage gefragt werden, sondern auch das kleine eher inaktive Mitglied. Kann man gut finden, ist aber denjenigen die sich nicht in dieser Partei befinden ziemlich schnuppe. Und vor allem dürfen derartige Entscheidungen niemals die Entscheidungsfreiheit der Abgeordneten einschränken.
Parteien werden Koalitionsverträge aushandeln müssen, rein praktisch wird sich das gar nicht anders machen lassen, in diesen Verhandlungsrunden dürfen aber nur die Abgeordneten des Bundestages eine Stimme haben, irgendwelche Ministerpräsidenten, oder wer sonst noch, können, falls von den Abgeordneten gewünscht, ihre fachliche Expertise einbringen, haben aber ansonst im Bundestag nichts zu melden.
Nun unterwirft sich eine Bundestagsfraktion dem Votum einer Mitgliederbefragung, und das ist mit parlamentarischer Demokratie nicht zu vereinbaren. Koalitionsverträge sind einzig von den Fraktionen auszuhandeln, also vom Parlament, und von niemanden sonst. Wer dieses Bescheiden der Entscheidungsfreiheit von Abgeordneten als Demokratie beschreibt verwechselt innerparteiliche Demokratie mit parlamentarischer Demokratie und hat nicht begiffen was deren innerer Kern und Basis ist.
EIn sehr guter Artikel, der zeigt, dass Sie das System verstanden haben. Wer immer noch raushaut "Wenn die Basis entscheidet ist das doch besser, als wenn ein paar ausgewählte entscheiden", hat einfach nichts kapiert...
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