26. Juni 2012

Ökologie - Versuch einer Annäherung

Dieses Wort, diese Bezeichnung, in all ihren Ableitungen hat Eingang in unsere Umgangssprache gefunden. Man spricht von ökologisch korrekten Leben, oder auf der anderen Seite von Ökologismus. Es wird also Zeit, sich einmal Gedanken zu machen, was Ökologie eigentlich ist. Dabei merkt man recht schnell, dass es zwei verschiedene Herangehensweisen gibt, einmal über die Naturwissenschaft, und einmal über die Philosophie.

Beginnen wir erst einmal mit dem, was das Wort wirklich bedeutet. Wikipedia schreibt dazu: "Die Ökologie (griechisch οίκος oikos ‚Haus‘, ‚Haushalt‘ und λόγος logos ‚Lehre‘; also ‚Lehre vom Haushalt‘) ist diejenige Teildisziplin der Biologie, welche die Beziehungen zwischen Lebewesen untereinander und mit ihrer unbelebten Umwelt erforscht." Das soll hierzu erst einmal genügen und mit der Feststellung schließen, dass die Ökologie ein recht junges Teilgebiet der Biologie darstellt. Erst seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wird Ökologie auch als eine die Ressourcen und die intakte Umwelt schonender, nachhaltiger Umgang mit der Natur und auch eine „naturnahe“ Lebensführung verstanden. Wie es in einem weiteren Wikipediabeitrag heißt. Dort ist auch folgende Beschreibung zu finden, die ich hier etwas ausführlicher zitieren möchte:
Da die Menschen zwar an eine biologische Umwelt gebunden sind, diese aber ungewollt oder bewusst gestaltend verändern, trugen auch politische Intentionen dazu bei, den Begriff Ökologie generell in umweltpolitischen Zusammenhängen zu verwenden. Die Ökologie wurde innerhalb kurzer Zeit zur „Leitwissenschaft“ dieser Ökologiebewegung. Indem das Wort Ökologie aber Eingang in die tägliche Umgangssprache fand, veränderte sich sein Bedeutungsinhalt. Die ursprünglich neutrale Naturwissenschaft wurde positiv besetzt, so dass ökologisch zum Teil gleichbedeutend mit umweltverträglich, sauber, rücksichtsvoll oder auch mit gut bzw. richtig verwendet wird. Auch die Kurzform „Öko“ in Kombination mit Bezeichnungen, die mit ökologischen Wirtschaftsformen in Verbindung zu bringen sind, setzt sich verstärkt durch: z. B. Ökobauer (geht über Biobauer hinaus), Ökostadt, Ökosiedlung, Ökoenergie oder Ökostrom, Ökomode, „ökofair“ (ökologisch angebaut und fair gehandelt). Auch wenn einiges davon unter Marketinggesichtspunkten initiiert wurde, dokumentiert dies das Vordringen des Nachhaltigkeitsprinzips in den Lebensalltag.
Der Autor dieser Zeilen sagt etwas sehr Wichtiges, nämlich, dass ursprünglich neutrale Wissenschaft mit einem wertenden Attribut versehen wurde, hier positiv mit richtig und gut dargestellt. Wertungen dieser Art entstammen aber nicht der Naturwissenschaft, sondern haben einen kulturellen, oder philosophischen Hintergrund. Wenn wir also heute von Ökologie sprechen, dann müssen wir uns klar sein, von welcher Art von Ökologie die Rede ist. Von der ursprünglich naturwissenschaftlichen, oder von der wertenden philosophischen Sichtweise. Und hier rückt die Rolle des Menschen in den Mittelpunkt, oder wie Anfangs des Zitates steht: "Da die Menschen zwar an eine biologische Umwelt gebunden sind, diese aber ungewollt oder bewusst gestaltend verändern, ... ." Wie soll dies mit gut und schlecht, oder richtig und falsch beurteilt werden? Was ist das Primat, die unberührte Natur, eine ohne Menschen, oder die Bedürfnisse der Menschen?

Diese Fragen sind älter als es den Begriff Ökologie überhaupt gibt, und es helfen auch soche Begriffe wie Nachhaltigkeit nicht weiter, denn so oder so, der Mensch greift in die Natur ein. Doch ist nicht der Mensch auch Natur, oder hat er sich von dieser gelöst und wendet sich ihr wieder zu um sie zu erobern. Gibt es also einen Gegensatz Mensch vs. Natur? Und kann man sich der Ökologie dann überhaupt ohne humanophobe Hintergedanken nähern?

In einem Arte-Beitrag werden diese Probleme besprochen und versucht eine Lösung aus diesem Konflikt aufzuzeigen. Welche mich, um das vornweg zu nehmen, nicht befriedigt. Am Anfang steht ein Zitat von Jean-Jacques Rousseau: "Alles ist gut, wenn es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den Händen des Menschen." Dieser Satz ist insofern bedeutsam, da sich diese Denkweise in der philosophischen Ökologie wiederfindet. Interessant auch der kreationistische Schöpfungsgedanke. Welcher sich aber von den monotoistischen Religionen insofern abgrenzt, als er den Menschen als Schädling betrachtet. Als Gegenpart zu diesen Vorstellungen wird Francis Bacon präsentiert: "Nun beruht aber die Herrschaft des Menschen über die Dinge nur auf den Künsten und Wissenschaften, man kann der Natur nur gebieten, wenn man ihr gehorcht." Und tatsächlich, bei Bacon kommt die Wissenschaft wieder mehr zum Zug. Der Natur zu gehorchen, heißt vor allem, sie zu verstehen. Um die Natur zum eigenen Vorteil nutzen zu können, muss man sie studieren. Auch das ist im besten Fall Ökologie, doch kaum jemand heute wird dies als solche bezeichnen.

Wie man es dreht und wendet, die Rolle des Menschen in der Natur ist nirgendwo geklärt und es prallen völlig gegensätzliche Vorstellungen aufeinander. Zum einem die Linie von Rousseau bis zum Club of Rome und den heutigen Vorstellungen derer die wir gerne als dem Ökologismus zugehörig bezeichnen. Sie gehen grundsätzlich davon aus, dass das Wirken der Menschen auf die Umwelt so gering wie nur irgend möglich sein sollte, die Veränderungen die der Mensch hervorruft negativ sind, weshalb man sie auch humanophobe Ökologisten nennen kann. Auf der anderen Seite haben wir die Linie von Bacon zur naturwissenschaftlichen Ökologie, die auch davon ausgehen, dass der Mensch seine Umwelt verändert, dies aber als normalen Vorgang betrachten, da der Mensch auch Natur ist, somit sein Wirken der Natur entspricht. Dies setzt voraus, dass man die Geheimnisse der Natur ergründet, ihre Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten versteht, sie dann aber auch entsprechend zu nutzen ist. Dies entspricht so in etwa dem, was in der Geschichte der Menschheit immer getan wurde.

Ich habe keine Lösung für diesen Wiederspruch, wie man diese beiden Sichtweisen vereinen könnte. Und ich gebe auch zu, die Probleme hier nur sehr oberflächlich betrachtet zu haben, wollte aber diesen Zwischenstand meiner Überlegungen zur Diskussion stellen.


(Dieser Artikel ist zuerst im Science-Skeptical-Blog erschienen)

Nachtrag, da das Video nicht mehr in der Mediathek von Arte vorhanden ist, hier nun auf Youtube:





Dieser Text ist im Buch Im Spannungsfeld |1 enthalten.

Paperback
280 Seiten
ISBN-13: 9783748112433
12,00 €
E-Book
ISBN-13: 9783748152767
7,99 €


Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen