30. Juni 2013

Alarmisten vs. Skeptiker, eine Unterscheidung von Gestern

In der Debatte um den Klimawandel, also darum, ob und wie viel der Mensch mit der Nutzung von fossilen Brennstoffen diesen beeinflusst, sind die Lager nach landläufiger Meinung gespalten: In Skeptiker und Alarmisten. In Wirklichkeit aber ist diese Trennung weit weniger scharf zu erkennen und beschreibt nur zwei Pole, die dazwischen eine Fülle von Mischformen entwickelt haben. Eigentlich sind es vier Pole, zwei verschiedenartige Auseinandersetzung finden sich auf einem Spielfeld ab. Kennen wir doch, wissen wir doch, höre ich jetzt den geneigten Leser sagen. Der Kampf um wissenschaftliche und einen um politische-ökonomische Fragen überlagern sich gegenseitig. Doch gerade wenn es um wissenschaftliche Aspekte geht, kommt noch eine Variante ins Spiel, die ganz besonders deutlich an einem Interview zu sehen welches der Klimaforscher Hans von Storch dem Spiegel gab.

Hier sagte von Storch sinngemäß: Nichts genaues wissen wir nicht. Die globale Erderwärmung macht nun seit rund 15 Jahren Pause und nur zwei Prozent aller Modelle haben dies als Möglichkeit vorausgesehen. Wenn sich in den nächsten fünf Jahren nichts ändert, die Erderwärmung weiterhin pausiert, dann hat dies kein Modell vorhergesehen. Woran dies liegt könnte, Vermutungen die ihm selbst nicht recht schmecken wollen, sieht er entweder in der höheren natürlichen Variabilität des Klimas oder an grundlegenden Fehlern in den Modellen. Vielleicht beides. Damit outet sich von Storch aber als Skeptiker; vom menschengemachten Klimawandel ist er nach wie vor überzeugt, auch wegen seiner Intuition diesbezüglich, doch die Wissenschaft kann nicht vorhersagen wie sich das Klima entwickeln wird.

Damit sind allen sogenannten Klimaschutzmaßen die Grundlage entzogen, auf Intuition hin kann man wohl Politik betreiben, auch Entscheidungen treffen, nur wissenschaftlich begründen kann man diese Entscheidungen nicht. Nichts anderes fordern Skeptiker, auch sie halten die wissenschaftliche Basis auf derer eben diese Klimaschutzmaßnahmen getroffen werden, für zu wenig tragfähig. Ein weiterer Aspekt der die Skeptiker mit den Aussagen Hans von Storchs kuscheln lässt, ist der, dass die ökonomischen Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen in aller Regel desaströs sind, damit Potential verloren geht um wichtigere Aufgaben anzupacken: Bekämpfung des Hungers, Krankheiten und Armut, beispielsweise.

Nichts genaues zu wissen, sich nicht sicher sein können, ob der Klimawandel nun auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist, oder nicht, bedeutet aber nicht nun beweisen zu müssen dass Alarmisten mit ihrer Annahme falsch liegen und Gegentheorien zu entwickeln, um nun, quasi von der anderen Seite her, Behauptungen aufzustellen, die ebenfalls auf wackeligen Beinen stehen. Wenn Skeptiker dies tun, begeben sie sich sich auf die gleiche argumentative Ebene, wie das Klimaforscher aus der Alarmistenecke machen, wenn sie ihre Modelle als ausreichend betrachten um von der Politik und der Gesellschaft zu verlangen, man müsse das Klima schützen. Beweise stehen gegen Beweise und jeder versucht den anderen ans Schienbein zu treten, dabei übersehen die Kontrahenten, dass es überhaupt keiner Beweise bedarf um Klimaschutz als nicht zu den vordringlichen Aufgaben der Menschheit einzuordnen. Zweifel genügen, Skepsis eben. Mit der Präsentation von Gegenmodellen wird die Glaubwürdigkeit der Skeptiker beschädigt, die jegliche Erkenntnis immer nur als etwas temporäres ansehen, aus der keine Zwangsläufigkeiten erwachsen können, sondern bestenfalls Möglichkeiten.

Es ist möglich dass Menschen das Klima verändern, es ist aber ebenso möglich, dass dies in Relation zu anderen Veränderungen belanglos ist. Wer in vermeintlichen Beweisen und Zwangsläufigkeiten denkt, verhindert aber Entscheidungsmöglichkeiten und schränkt die Zukunft ein. Zu fordern, dass es keinen Klimaschutz bedarf weil bewiesen sei, dass der Mensch keinen Einfluss aufs Klima hat, ist genau der gleiche Unsinn wie die gegenteilige Behauptung.

Die Skeptikerszene ist gespalten in diejenigen die aus ihrer Wissenschaft eine Handlungsnotwendigkeit ableiten - nämlich kein Klimaschutz - und diejenigen, die gerade aus der Unzuverlässigkeit von wissenschaftlichen Erkenntnissen ableiten, dass Klimaschutz damit nicht begründet werden kann. Und genauso verhält es sich bei den Alarmisten, auf der einen Seite die den menschengemachten Klimawandel als so sicher bewiesen ansehen, dass sie einen Klimaschutz fordern, und diejenigen, die die Möglichkeit eines derartigen Klimawandels für wahrscheinlich halten, allerdings als nicht gesichert genug, weil eben Modelle falsch sein könnten, oder die natürliche Variabilität weit größer sein könnte als bislang angenommen um Handlungsanweisungen zu geben.

Wir haben es also mit vier verschiedenen Ausgangspositionen zu tun, vereinfacht ausgedrückt. Müsste man wieder eine Dualität herstellen, alle Akteure in zwei Gruppen aufteilen, so würden sich diejenigen Skeptiker mit denjenigen Alarmisten in einem Team wiederfinden welches eine Handlungsanweisung aus der Wissenschaft an die Gesellschaft ablehnen, und auf der andern Seite diejenigen, die mit Hilfe ihrer Wissenschaft die Gesellschaft zum handeln auffordern, damit der Politik und der Gesellschaft Entscheidungsspielräume raubt.

Geben wir, zur Verdeutlichung, den Gruppen jeweils einen neuen Namen. Dies wird notwendig sein, da die bislang benutze Unterscheidung in Skeptiker und Alarmisten nicht mehr zutreffend ist.

1. Fundamentalistische Alarmisten
Bekanntester Vertreter ist das PIK (Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung) mit ihren Aushängeschildern Schellnhuber und Rahmstorf, welche die katastrophalen Auswirkungen eines menschengemachten Klimawandels als bewiesen ansehen und von Gesellschaft und Politik ein Handeln einfordern, welches auf eine Verminderung der CO₂ Emissionen abzielt, auch wenn damit Wohlstandsverluste verbunden sind, ja geradezu der Wohlstand als Problem gesehen wird und eine Transformation der Gesellschaft eingefordert wird. Andere wirkliche oder angenommene Probleme werden der Bekämpfung des Klimawandels untergeordnet.

2. Unechte Skeptiker
vor allem im Umfeld von EIKE (Europäisches Institut für Klima und Energie) zu finden. Die unechten Skeptiker präsentieren eigene wissenschaftliche Erkenntnisse und halten die Positionen der Fundamentalistischen Alarmisten bar jeder wissenschaftlichen Grundlage. Sie meinen beweisen zu können, dass die Beweise der Fundamentalistischen Alarmisten falsch sind, gefälscht, oder zumindest durch die ideologische Brille so gefiltert, dass sie jeden Anspruch auf Wissenschaftlichkeit verloren haben. Die Bezeichnung Skeptiker trifft auf diese Gruppe nur bedingt zu, da eigene Wahrheiten, aus eigenen wissenschaftlichen Erkenntnissen abgeleitet, gegen die Wahrheiten der Fundi-Alarmisten gestellt werden. Die Unechten Skeptiker existieren nur weil es die Fundamentalistischen Alarmisten gibt, sie sind quasi der Abzug vom Negativ, die Farben und Helligkeiten sind genau umgekehrt. Würden sich die Fundamentalistischen Alarmisten auflösen, verschwänden auch die Unechten Skeptiker, beide sind aneinander gebunden und eint die Annahme die Wissenschaft könnte Handlungsanweisungen an die Gesellschaft geben, wenngleich diese Anweisungen völlig verschieden sind.

3. Skeptische Alarmisten
glauben genügend Hinweise aus der Wissenschaft zu haben um von einem menschengemachten Klimawandel auszugehen, sehen auch Handlungsbedarf von Politik und Gesellschaft diesem Klimawandel entgegenzuwirken, sehen aber die Modelle mit denen der Klimawandel dargestellt wird, für noch nicht ausreichend an, um von gesicherten Wissen zu sprechen, ebenso sind sie skeptisch, ob alle Bedingungen die auf das Klima einwirken, und es verändern können, bereits ausreichend bekannt sind, oder verstanden. Sie sehen sich daher außerstande Handlungsanweisungen an Politik und Gesellschaft zu geben, auch in Hinblick auf die Nebenwirkungen eventueller Handlungen wie Wohlstandverluste und dergleichen. Einer der bekanntesten Vertreter der Skeptischen Alarmisten ist im deutschsprachigem Raum Hans von Storch.

4. Skeptische Pragmatiker
sind, obwohl es dem Namen nach nicht gleich den Anschein hat, die eigentlichen Optimisten in der Debatte. Sie sehen wissenschaftliche Erkenntnisse niemals als endgültig an, demzufolge dürfen aus der Wissenschaft auch keine Handlungsempfehlungen an die Gesellschaft gegeben werden. Sie halten einen menschengemachten Klimawandel für möglich, sind allerdings skeptisch was dessen Auswirkungen betrifft. Skeptische Pragmatiker entwickeln aber kein wissenschaftliches Gegenmodell, sondern sortieren die Möglichkeiten die sich aus Erkenntnissen aus der Wissenschaft, und durch die Weiterentwicklung von Technik ergeben, nach ihrer Machbarkeit und Nebenwirkungen. Das was sich in der Praxis bewährt, oder von dem sie glauben, dass es sich in der Praxis bewähren könnte, wird angestrebt, in der Gewissheit, dass heutige Aufgaben mit heutigen Möglichkeiten bewältigt werden, morgige mit morgigen.

Obwohl Skeptische Pragmatiker und Unechte Skeptiker in der Öffentlichkeit oftmals mit den gleichen Forderungen auftreten, so sind doch die Ursprünge ihrer Überzeugungen grundverschieden, was sich vor allem in der Auseinandersetzung mit den Fundamentalistischen Alarmisten zeigt. Unechte Skeptiker wollen beweisen, dass die Annahmen der Gegenpartei falsch sind, Skeptische Pragmatiker hingegen betrachten die Erkenntnisse und Forderungen der Fundamentalistischen Alarmisten als irrelevant, weil sie in der Praxis keine Aussicht auf Erfolg erwarten lassen.

Die größte gemeinsame Schnittmenge gibt es zwischen Skeptischen Alarmisten und Skeptischen Pragmatikern. Einsam abseits und bar jeder pragmatischen Relevanz stehen die Fundamentalistischen Alarmisten und mit ihrer zunehmenden Bedeutungslosigkeit in Gesellschaft und Politik - die Ansätze dieser Entwicklung sind bereits deutlich zu sehen - somit werden auch die Unechten Skeptiker an Bedeutung verlieren. Dies hat allerdings fatale Folgen für Skeptischen Pragmatiker, da diese sich bislang nicht ausreichend von den Unechten Skeptikern abgrenzen und distanzieren. Dies wäre aber dringend notwendig, um im Disput mit den Skeptischen Alarmisten die praktikabelsten Lösungen für Probleme zu finden, auch Abseits der Klimawandeldebatte, zum Beispiel in Sachen Nachhaltigkeit oder Ökologismus.

Damit die Vorstellungen einer Zukunft nicht von alarmistischen Annahmen geprägt wird, ist es für die Pragmatiker nötig, sich nicht nur von den Fundamentalistischen Alarmisten zu distanzieren, sondern auch von den Unechten Skeptikern. Ansonst werden am Ende der Debatte nur die Skeptischen Alarmisten übrig bleiben, unterschwellig somit auch einige auf Intuition basierende Grundannahmen des Alarmismus lebendig bleiben und gesellschaftliche und politische Relevanz haben, aus dessen Reservoir dann auch solche Vorstellungen wie die vom Primat der Nachhaltigkeit gespeist werden.



1 Kommentar :

  1. Gefühlsmäßig würde ich in der Überschrift eher "gestern" schreiben. mfG

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