1. September 2015

Buchempfehlung: "Erst stirbt der Wald, dann du!"

In einer Rezension über Birgit Metzgers "Erst stirbt der Wald, dann du!". Das Waldsterben als westdeutsches Politikum (1978–1986) heißt es:
Umso erklärungsbedürftiger ist es in der Rückschau, warum das „Waldsterben“ in vergleichsweise kurzer Zeit einem Großteil der Bevölkerung als drängendes Problem erscheinen konnte. So forderten bereits im Bundestags-Wahlkampf 1983 neben den jungen Grünen als selbsterklärten Bündnispartnern der Umweltbewegung auch die anderen Parteien konsequente Abhilfe. Den entscheidenden Grund für eine Breitenwirkung „quer durch soziale Milieus und politische Lager“ (S. 10) sieht Metzger im Gegensatz zu den damaligen Protagonisten nicht in der Größenordnung tatsächlich zu beobachtender Waldschäden – diesbezüglich habe weder in der Bundesrepublik noch andernorts eine direkte Relation zur Intensität medialer und öffentlicher Debatten bestanden. Vielmehr benennt sie als wesentliche Voraussetzung, dass sich um 1980 bis dahin getrennte Denkbewegungen zu verbinden begannen: aus dem wissenschaftlichen Bereich die organizistisch orientierte Ökosystemtheorie, aus der gesellschaftlichen Sphäre Diskurse des Krisenbewusstseins und der Zukunftsangst.
Frau Metzger hat dies als Dissertation geschrieben, doch so manches, so deutet sich in der Rezension an, könnte auch auf meinem Mist gewachsen sein. Wenn ich mal so im Gedächtnis meine älteren Texte durch gehe. Besonders interessant wird es dann hier:
Dieses ideengeschichtliche Amalgam umfasste auch die „gezielte Wiederaufnahme“ (S. 406) älterer Identitätsstereotype, wie sie von romantischen Dichtern und Denkern entwickelt worden und dann in der Imagination eines germanisch-deutschen „Waldvolkes“ kulminiert waren.[6] Erst die vorherige weltanschauliche Aufladung habe es ermöglicht, den „deutschen Wald“ wieder als über den Teilinteressen stehendes Kollektivsymbol, als gesellschaftspolitisches Vorbild und als Zeichen der Abgrenzung von Frankreich zu verstehen. So war die angebliche Tradition der Waldliebe in den 1980er-Jahren ein häufig gebrauchtes Argument, um entweder schnelles Handeln zu loben oder im Gegenteil Zögerlichkeit zu beklagen. Mit ihrer vom Quellenbefund gestützten Bewertung bezieht Metzger die Funktion des Waldes als „kulturelle Projektionsfläche“ (S. 32) angemessener in die Analyse ein, als dies umwelthistorischen Arbeiten sozialgeschichtlicher Prägung gelingt.[7]

Zitate aus: Johannes Zechner: Rezension zu: Metzger, Birgit: "Erst stirbt der Wald, dann du!". Das Waldsterben als westdeutsches Politikum (1978–1986). Frankfurt am Main 2015, in: H-Soz-Kult, 02.09.2015, http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-22107.

Ergänzend von mir zu diesem Thema, insbesondere die weltanschauliche Aufladung betreffend, sind folgende Texte erschienen:

Die Wurzeln der Sonnenblumen
(21.06.12) Die Umweltbewegung ist deshalb in Deutschland stärker als in anderen Ländern, weil es einen Zusammenfluss von Rechten und Linken, oder sagen wir besser, aus konservativen Gruppen und Neomarxisten gegeben hat.

Ökologie - Versuch einer Annäherung
(26.06.12) Doch ist nicht der Mensch auch Natur, oder hat er sich von dieser gelöst und wendet sich ihr wieder zu um sie zu erobern. Gibt es also einen Gegensatz Mensch vs. Natur? Und kann man sich der Ökologie dann überhaupt ohne humanophobe Hintergedanken nähern?

Wollt Ihr den totalen Ökologismus?
(28.02.13) Der Ökologismus will die in der liberalistischen Modere entstandenen Ausdifferenzierungen in autonome Gebiete überwinden und durch eine totalisierende und hegemonisierende Ideologie ersetzen.

Der Wald, die Deutschen und die DMark
(03.04.13) Die Deutschen befinden sich auf der Suche nach einem neuen Massensymbol und die Befindlichkeiten sind vergleichbar mit denen die durch den Versailler Vertrag ausgelöst wurden.

Ökologismus, noch Ideologie oder schon Kultur?
(18.01.14) Stück für Stück diffundieren Verhaltensweisen die aus den Geboten einer neuen Moral entspringen in die Gesellschaft, werden zur Kultur die dann nicht mehr hinterfragt wird, und die auch nicht begründen muss, warum dieses oder jenes getan wird.

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