Provinzfürst gegen visionäre Kanzlerin
Livekommentare sind immer wieder Anlass zu hitzigen Diskussionen, vor allem im Sport. Läuft gerade irgendein Fussballspiel, und Béla Réthy kommentiert dies, dann genügt ein Blick zu Twitter um diesen Eindruck bestätigt zu bekommen. Aber auch Kommentare von politischen Veranstaltungen lassen mitunter die notwendige Distanziertheit vermissen. So beispielsweise nach der Rede von Horst Seehofer am 15.12.2015 beim CDU Parteitag. Als er geendet hatte, fasste der Kommentator, Gerd-Joachim von Fallois vom Sender Phönix, die Aussagen des bayerischen Ministerpräsidenten so zusammen:
... Durch die ganze Rede zog sich auch eigentlich das Selbstlob zu Bayern, seiner eigenen Person, und da wurde dann der Unterschied zur Bundeskanzlerin Angela Merkel klar, er ist der Regierungschef, der Fürst eines keinen sehr erfolgreichen Bundeslandes. Er will die Grenzen zumachen für sein Bundesland, für Deutschland. Und die Bundeskanzlerin regiert ein großes Deutschland und ist die Person des Jahres in der Welt, sie hat den Weitblick und will eine europäische Lösung, das ist ihr Weg. Und diese Unterschiede sind hier wirklich massiv deutlich geworden, bei aller Annäherung und Honigschleckerei durch den Ministerpräsidenten des Landes Bayern, muss man doch fest halten, der Unterschied zur Politik von Angela Merkel, die unterschiedliche Ausgangssituation, ist hier heute hier durch diese Rede, im Vergleich auch zur gestrigen, ganz ganz deutlich geworden: Regionale Begrenzung, dicht machen der Grenzen, gegen eine europäische Vision, die die Kanzlerin hier gestern wirklich nachhaltig nachgezeichnet hat.Mein Kommentar zu diesem Kommentar ist: Die Berichterstattung in den Medien, selbst in solchen wie dem Sender Phönix, gleicht, wenn es um Merkel geht, immer mehr einer Heiligenverehrung. Sie hat den Weitblick und ist die Person des Jahres, der Seehofer ist ja nur der Fürst eines kleinen Landes. Vielleicht wäre es besser Béla Réthy kommentiert in Zukunft bei Phönix. Peinlicher kann es nicht werden, höchstens lustiger. Hier geht es zum Video, Zitat ab Minute 54:00.
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(14. Dezember 2015)
Jesus und der Islam
Soll man wirklich rund sieben Stunden Videos empfehlen? Ich denke schon, weil diese Serie auf Arte für den interessierten Laien ein Fülle von Einblicken erlaubt. Vor allem zeigt sie deutlich, was theoretisch möglich wäre, würde sich der Islam einer kritischen Selbstreflexion hingeben. Setzt man nämlich den Koran in den Kontext der geopolitischen Verhältnisse seiner Zeit, und untersucht, welche Interessen die jeweilige Akteure haben mussten, dann erlaubt das Deutungen, die den Islam kompatibel mit der neuzeitlichen Aufklärung sowie einer humanistischen und toleranten Grundhaltung macht. Damit aber dies geschehen kann, müsste sich der Islam als erstes von dem Dogma verabschieden, dass der Koran Gottes Wort sei. Der geniale Trick der Verfasser des Koran besteht ja darin, zu behaupten, dass diese Worte die direkten Worte Gottes sein, und somit unveränderlich. Damit wird der Text aus jeglichem Kontext gerissen und gleichzeitig gegen jede kritische Reflexion abgeschirmt. Würden sich die Muslime von dieser Vorstellung verabschieden, könnten sie immer noch den Koran als ein von Gott inspiriertes Werk nennen, ganz ähnlich wie das Christen mit der Bibel machen, die immer auch den Test im Kontext seiner Entstehungszeit und des Ortes betrachten.
Auch wenn ich mir an vielen Stellen eine etwas mehr kritische Betrachtung zum Islam in dieser Serie gewünscht hätte, die Verbrechen die in seinem Namen verübt worden und werden sind kaum erwähnt, so gehört für mich diese Dokumentation dennoch zu den Highlights des Fernsehjahres. Die Informationsdichte ist so groß, dass ich mir die Videos noch ein weiteres mal anschauen werde.
Bis zum 7. Februar 2016 als Stream bei arte.tv zu sehen.
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(09. Dezember 2015)
Ägyptischen Streitkräfte fluten einen Schmugglertunnel
nach Gaza, wahrscheinlich 14 Menschen ertrinken, es scheint niemand groß zu interessieren. In den Hauptnachrichten kommt nichts davon, kann man es doch nicht den Israelis anlasten. Die palästinensische Nachrichtenagentur Ma’an unternimmt auch nur einen halbherzigen Versuch diesbezüglich, und muss einräumen: „While the tunnels are used by Hamas as a source of tax revenue and inflow of weapons ...“, dies aber relativiert, mit der üblichen Lügen, dass Tunnels dieser Art der Versorgung der Bevölkerung dienen.
Vielleicht sollte Ma’an mal den Todenhöfer kontaktieren, der könnte ihnen dann erklären, dass die gefluteten Tunnel letztlich ein Verbrechen des »Westens« sind. Irgendwie bekommt der das hin. Das wäre dann zwar die zweite Wahl, die Israelis als Bösewichter kommen besser, doch vielleicht springt die EU aus lauter schlechtem Gewissen ein, und macht ein paar Hilfsgelder locker, jetzt wo die Tunnelsteuern der Hamas von den Ägyptern weggespült wurde.
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Aus Blogs und Presse im November '15
Aus Blogs und Presse im Oktober '15
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