6. August 2018

#MeTwo – Nein Danke!

Man sieht meiner fast erwachsenen Tochter ihre asiatische Abstammung an, außerdem ist sie genau so klein wie ihre Mutter, eine Philippina. Etwas dunkle Haut, eindeutige asiatische Gesichtszüge und dazu noch nicht mal anderthalb Meter groß. Sie leidet darunter, möchte gerne größer sein, weißer, wie eine Deutsche aussehen. Ich kann ihr dabei nicht helfen, doch oft erwähne ich, dass Schönheit immer im Auge des Betrachters entsteht und sie für mich eines der schönsten Mädchen ist was ich kenne – und das ist nicht gelogen, sie weiß das.

Manchmal allerdings beschimpfe ich sie, nenne sie Zwerg oder Quarkneger. Dies tue ich aber nur, wenn allgemeine Heiterkeit vorherrscht, was glücklicherweise in unserer Familie öfters der Fall ist. Dann beschimpfen wir uns, was aber die Heiterkeit nur erhöht und mindestens in Gelächter mündet. Auch ich bekomme dann mein Fett weg: „Ha, ha, ha, mein Vater ist ein Nazi!“

Sollte irgend ein Fremder einmal etwas von meinen Beleidigungen mitbekommen haben, so wird er sicherlich ein Bild von mir als tumben widerwärtigen Rassisten bekommen. Sie, die mich nicht kennen, können nicht wissen, dass ich diese Worte nur aus einem einzigen Grunde und ganz bewusst und berechnend verwende: Um die Autoimmunkräfte meiner Kinder zu stärken. Meine Tochter wird, oder war es schon, diesen Beschimpfungen, wie wir sie im Spaß verwendeten, im täglichen Leben ausgesetzt sein. Irgendjemand wird sie wegen ihres Aussehens und/ihrer Körpergröße dumm anmachen, es wäre dumm von mir, davon auszugehen, dass dies nicht geschieht.

Vielleicht, so meine Hoffnung, wird sie dann auch über diese Herabwürdigungen lachen, zumindest aber nicht in depressives Verhalten verfallen. Ich hoffe, sie gegen das Gift dieser Beleidigungen immunisiert zu haben. Davor schützen kann ich sie nicht, dann würde ich mir ja anmaßen die Welt, wie sie ist, ändern zu können, nein das kann ich nicht, aber ich kann meine Tochter unempfindlich gegen Angriffe dieser Art machen. Im Prinzip funktioniert dies wie bei einer medizinischen Impfung, in geringen Dosen wird das Gift so verabreicht, damit sich entsprechende Antikörper bilden. Nebenbei bemerkt, ein Großteil jeglicher Erziehung beruht auf diesem Prinzip.

Jetzt kommt mir aber diese #MeTwo-Kampagne in die Quere, in der sich Menschen über empfundenen Rassismus erregen. Mal abgesehen davon, dass das Meiste, was die Erregten so von sich geben, ziemlich konstruiert und lächerlich überzogen ist, es wirkt auf Menschen, die ihr Selbstbild in der Gesellschaft noch suchen, höchst kontraproduktiv. Zu einfach ist es nun für Niederlagen oder empfundene Ungerechtigkeit einen Schuldigen zu benennen. Ja, derartiges Denken verselbstständigt sich dann und wird zum Automatismus, der jegliche kritische Selbstreflexion geradezu verhindert.

Jeder von uns ist im Leben Ungerechtigkeiten ausgesetzt, Politiker oder Gesellschaftsverbesserer werden immer versuchen etwas davon zu finden, es an die Öffentlichkeit zerren, um es für ihre jeweilige Agenda auszunutzen zu können. Medien greifen es dann gerne auf und eine Kampagne entsteht, die sich natürlich immer im Recht sieht, immer auf der moralisch guten Seite.

Eltern die ihre Kinder fit fürs Leben machen möchten, dazu gehört eben auch die Immunisierung gegenüber erfahrenes Unrecht oder auch nur gegenüber erfahrene Beleidigungen, haben dann das Problem, sich gegen diese sich ständig einander ablösenden Kampagnen stellen zu müssen, und das selbst dann, wenn sie insgeheim deren Begründung zustimmen. Sie müssen abwägen, ob sie die Welt verbessern wollen, oder ihre Kinder fit für diese unsere unvollkommene Welt machen möchten.

Vielen Erwachsenen hierzulande, so scheint es mir angesichts dieser in der Mehrzahl lächerlichen Kampagnen, ist es aber wichtiger über die Welt zu klagen, und solche, die zur Hybris neigen, meinen gar die Welt ändern und verbessern zu können. Was sie ihren Kindern dabei antun, ahnen sie wahrscheinlich nicht einmal. „Denen ist eben ihr Weltbild näher als ihre Kinder,“ sage ich dann manchmal über die Bessermenschen und hoffe dabei doch, ihrer Kinder wegen, dass ich Unrecht habe.

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