17. Oktober 2021

Warum ich kein Grüner wurde

Da einige meiner Freunde, Ende der Siebziger, so begeistert Hesse lasen, ich manchmal den Eindruck hatte, die schlafen mit dem ″Siddhartha″ unterm Kopfkissen, nahm ich mir ″Kinderseele″ sowie ″Klein und Wagner″ von ihm vor, um selbst einen Eindruck davon zu bekommen, was an dem Schriftsteller so faszinierend sein soll und warum meine Freunde so begeistert von ihm sind, und merkte doch schnell, mit diesem Autor kann ich nichts anfangen. Jahre später, nun in Westdeutschland, lasen sie dann so Dinge wie den ″Papalagi″, waren Fans von Habermas und Adorno und gehörten zu den Anhängern der Grünen.




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Es ist diese Mischung aus Hesse, Habermas und Papalagi, die im Grunde bis heute der Horizont der Grünen ist. Erst in dieser Kombination wird der Habermas gefährlich, es mischt sich beim Leser Romantik mit linker Ideologie. Ich war davor geschützt, Hesse und Papalagi fand ich schrecklich verträumt und langweilig, um den Habermas habe ich mich dann nicht mehr gekümmert. Dann las ich lieber den ″Mann ohne Eigenschaften″ von Musil oder ″On The Road″ von Kerouac.

Freilich gab es Werke, die wir, meine Freunde und ich, gleichermaßen schätzten, an die von Faulkner, erinnere ich mich da beispielsweise, oder James Joyce, Kafka natürlich. Wenngleich wir diese Bücher wahrscheinlich unterschiedlich lasen, sie jeweils in anderem Kontext einordneten.

Es war also nicht eine Auseinandersetzung mit grüner oder linker Ideologie oder gar mit deren politischen Ansichten, was mich davor schützte, ein Grüner zu werden, es ist ihre Kultur, ihr Denken, ihre Träume, mit dem ich nichts anfangen kann und was mich heute wütend macht, wenn diese Leute, die mal meine Freunde waren und nun meine politischen Feinde sind, mir vorschreiben wollen, was ich tun, was ich sagen und was ich denken darf.

Ich hatte es damals schon geahnt, sie glaubten die Wahrheit gefunden zu haben, doch die suchte ich nie, mir genügt die Neugierde auf das Leben an sich. Ja, seit diesen Jugendtagen, ich war so um die Zwanzig, hege ich ein tiefes Misstrauen allen denjenigen gegenüber, die von sich behaupten, die Wahrheit zu kennen. Das betrifft heute nun in allererster Linie die Grünen, aber nicht nur die.






3 Kommentare :

  1. Croyez ceux qui cherchent la vérité, doutez de ceux qui la trouvent.

    André Gide

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  2. Zur Imfo: Der Autor des Papalagi, Erich Scheurmann, entwickelte sich nahtlos vom "Lebensreformer" zum Nationalsozialisten (der "Edle Wilde" läßt grüßen):
    https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Scheurmann
    Außerdem war er Maler, und angeblich besaß Hitler in seiner Bogenhausener Wohnung eines seiner Aquarelle. Ich habe übrigens auch eines :-D

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  3. Mit dem Papalagi-Quatsch wurde ich während des Studiums von einem Theologieprofessor genervt. Für den war "der edle Wilde" die Krone der Schöpfung.

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