29. Oktober 2022

Notizen im Oktober 2022

Ein Witz, den ich manchmal machte, als ich das erste Mal Vater wurde: „Ich will meinem Baby auch die Brust geben, aus pädagogischen Gründen, denn dann lernt es gleich, dass die Welt aus Enttäuschungen besteht“. Hätte nie gedacht, dass dieser blöde Spruch mal politische Bedeutung bekommt.

„Die neue Klassenkameradin ist anständig“, erzählte mir die Tochter.
 
„Anständig, was verstehst du unter anständig?“, fragte ich nach.
 
„Du weißt doch wie Frauen oft so sind, hinterhältig und intrigant, das ist sie nicht. Sie ist ehrlich und freundlich“.
 
Kurz war ich sprachlos.

„Als ich noch auf den Philippinen lebte, habe ich mir nicht vorstellen können, wie wunderschön und faszinierend so eine morgendliche Tour durch den Herbstnebel ist.“ Meinte meine Gattin heute Morgen und fügte an: „Würde ich wieder dort leben, den Wechsel der Jahreszeiten würde ich vermissen.“

Oh wie bin ich froh, dass wir das Grundgesetz haben, was wir haben. Natürlich gibt es auch daran Punkte, die ich kritisieren möchte, aber unterm Strich, ist es doch gelungen. Stellt euch nur mal vor, heute müsste ein neues Grundgesetz geschrieben werden, was da rauskommen würde!

„Bürgergeld!“ Oh wie ich diese Namensschöpfungen hasse, die nichts erhellen wollen, sondern nur vernebeln und täuschen. Falschetikettierungen, wohin man schaut.

„Vor zwei Jahren nervte mich die … (eine Kollegin), ich solle mich unbedingt impfen lassen. Ich habe sie lange nicht gesehen, sie war krank. Gestern traf ich sie wieder. Ohne mir ins Gesicht zu schauen, ging sie schnell an mir vorbei.“ (Bericht meiner Frau)

Montags kaufte ich mir den „Spiegel, donnerstags die „Zeit“, doch am meisten freute ich mich auf Freitag, wegen der „Pankaz-Kolumne in der Welt“. Pankraz gibt es nicht mehr und überhaupt, keine der genannten Zeitungen beachte ich noch. Es hat sich so viel verändert.

Wir haben im Chemieuntersicht an der POS (Polytechnische Oberschule in der DDR, vergleichbar mit der Realschule im Westen) noch lustige Versuche mit Knallgas gemacht. Wenn ich heute höre, dass Wasserstoff die Lösung von Energieproblemen sein soll, muss ich lächeln.

Beide, Ukrainer wie Russen, sind derzeit mit schrecklichen Regierungen gestraft.

Der nächste Vorwurf an die Deutschen wird sein: Warum sind eure Taschen leer?

Wissen wir, ob wir wissen, oder glauben wir nur, zu wissen? Diese Frage beschäftigte mich unterschwellig so viele Jahrzehnte, doch sie wird mir immer nebensächlicher. Nicht das Wissen, meine Empfindungen erscheinen mir heute wichtiger. Das Wissen über mich.

Manche zehren ihr Leben lang von den rebellischen Gedanken, die sie in der Jugend hatten, andere wiederum, zu denen gehöre ich, die lächeln über ihre Jugend und fragen sich, wie man nur so beschränkt sein konnte, die eigenen Gedankenfürze als Weisheit zu deuten.

Den Charakter derer, die an der Macht sind, kann man erkennen, wenn man sich anschaut, wie sie an die Macht kamen.

Argumente erklären mir nicht die untersuchte Sache, sondern die Perspektive des Betrachters. Manchmal, wenn die Argumente besonders gut sind, stelle ich fest, dass meine Perspektive zu einseitig ist. Dann muss ich mich bewegen, andere Perspektiven suchen.

Diese Sehnsucht nach Verwandlung gehört wohl zur Natur des Menschen. Wie bei allem, was zur Menschennatur gehört, gibt es auch hier extreme Ausprägungen.

Der Muezzin-Ruf in Köln ist nichts anderes als die Inbesitznahme des Raumes. „Diese Stadt gehört jetzt uns,“ bedeutet es.

Wenn der Dieter Bohlen anfängt zu singen, dann schalte ich sofort ab. Wenn er aber spricht, dann ist das Zuhören doch oft sehr unterhaltsam.

Nein, ich bin nicht für die Kernkraft wegen irgendwelcher Klimaschutzziele, ich will nur günstige und verlässliche Stromversorgung. Klimaschutz interessiert mich nicht die Bohne und werde deshalb keine meiner Forderungen damit begründen.

Wenn nur 60 % der Wähler zur Wahl gehen, dann sollten auch nur 60 % der Parlamentssitze vergeben werden. 40 % bleiben dann leer.

Herrlich blauer Himmel, dekoriert mit schneeweißen Schäfchenwolken, so schön anzusehen, dass man sich sofort hineinlegen möchte, wenn nicht das Wissen wäre, dass es dort keinesfalls kuschelig ist, sondern nass und kalt. Fakten können so desillusionierend sein.

Gedanken wollen zu Ende gedacht werden, nicht auf halber Strecke verhungern, was aber immer wieder passiert, wenn sich Ahnungen einstellen, wie der zu Ende gedachte Gedanken aussehen könnte. Ja, auch Denken erfordert Mut!

In Krisenzeiten ist immer ein Rückzug auf das Eigene zu beobachten. Es ist ein Schutzmechanismus der wohl in der Natur des Menschen liegt. Für Deutschland ist das insofern problematisch, da hier dieses Eigene in Form der Heimat oder der Nation, universalistischen Ideen geopfert wurde.

Heute keine Lust auf Nachrichten, dieser Wiederholungsschleife des immer Gleichen.

„Was sollen die Leute von dir denken“? War eine häufige Ermahnung des Vaters. Sie bewirkte aber keine Anpassung bei mir, sondern das Gegenteil. Der Grundstein meiner Skepsis gegenüber Massen war gelegt.

Heute ist Tag der „Deutschen Einheit“, aber ich empfinde nichts an diesem 3. Oktober. Wäre unser Nationalfeiertag der 17. Juni (Volksaufstand DDR) oder der 9. November (Mauerfall), ich würde die Deutschlandflagge stolz ans Haus hängen.

Ein immerwährender Kampf der Sehnsüchte in mir: die nach Freiheit und die nach Geborgenheit. Erstere wird bei mir befriedigt in meinem Bewusstsein der eigenen Individualität, die Zweite in der Familie. Den Staat brauche ich nur, dass er beides, die Idividualität und die Familien beschützt.

Wer definiert eigentlich „nationale Interessen“? Ich habe schon Schwierigkeiten meine eigenen Interessen zu beschreiben, die heute so sein können, gestern anders waren und morgen anders sein werden.

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2 Kommentare :

  1. Zu: Verhältnis Tochter - Frauen allgemein
    Im benachbarten Appartementkomplex war eingebrochen worden, der Verbrecher wurde noch im Gebäude vermutet und von der Polizei gesucht. Ich hatte das auf dem Nachhauseweg beobachtet und erzählte es meiner kleinen Cousine, die zu Besuch da war. Ich beruhigte sie mit der Bemerkung, dass die Polizei ja bereits da sei, es könne also nichts passieren. Neugierig warf sie aus dem Fenster einen Blick auf die Szene und reagierte ganz entsetzt mit dem Ausruf: "Jaja Polizei, das sind ja alles bloß Weiber!"

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  2. Für Deine Oktober-Notizen danke ich Dir sehr;)

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