Prophetie ist übelwollende Täuschung. Die Macht des Propheten liegt im Übelwollen. Alle Übertretungen erfüllen ihn mit Missgunst. Er vermag sie nicht ungeschehen zu machen und hängt an jede eine Drohung. Soviel Übertretungen, soviel Drohungen, es gibt leider mehr als genug. Kann man sich etwas Ekleres aussinnen als einen Propheten?
Aber warum nennst du die Propheten Täuschung? Die Besessenheit des Propheten ist seine Legitimation, und seine Drohung nimmt er ernst.
Die Täuschung liegt im Glauben an seine Berufung, sie beginnt mit Selbsttäuschung. Doch wenn er erst einmal Gehör gefunden hat, wird ihm jede Täuschung recht sein, die ihm weiter Gehör verschafft. Er ist seiner eigenen warnenden Stimme verfallen.
(Elias Canetti, Das Geheimherz der Uhr)
An die gescheiterten Propheten, an die, deren Voraussagen nicht eintrafen, erinnert sich später keiner mehr, dabei sind die immer in der Mehrzahl. Erst die Zeit sortiert sie aus, macht ihre Lächerlichkeit deutlich, die Gegenwart kann das nicht. Deshalb: Misstraut ihnen!
Hätte es in meiner Jugend irgendwelche Medikamente gegeben, die den Bartwuchs befördern, dann hätte ich mir die wahrscheinlich auch eingeworfen. Erst so ab 20 musste ich mich regelmäßig rasieren. Aber es gab glücklicherweise solche Medikamente nicht. So musste ich damit klar kommen, wie ich eben bin.
Es gab mal eine Zeit, da habe ich schlecht schmeckende linke Eintöpfe ausgelöffelt, versucht herauszubekommen, welche der Zutaten besonders widerlich sind. Glaubte dann damit argumentieren zu können. Wie viel Ekel hätte ich mir ersparen können, hätte ich gleich auf meine Sinne gehört.
Ich bin kein Frauenversteher, sie werden mir immer ein mystisches Rätsel sein. Aber gerade das fasziniert mich, gerade das macht sie für mich begehrenswert.
Ich respektiere Transen und lasse sie in Ruhe. Aber ich verlange auch, von ihnen in Ruhe gelassen zu werden, insbesondere meine Kinder.
Apokalyptiker sind Wichtigtuer, sie ertragen nicht ihr gewöhnliches Dasein, die Trivialität der Gegenwart.
Ach wie sehne ich mich danach, mal eine Woche lang, wenigstens nur einen Tag, nicht über die politische Situation im Lande nachdenken zu müssen. Will das Thema ausblenden, nur mein Leben leben. Aber wie ein widerlicher Gestank die Nase reizt, kann ich die Politik nicht ignorieren.
Balkonkraftwerk! Aha! Und die beiden Tretroller der Kinder sind ein Fuhrpark, die Pfütze auf dem Weg ein Straßenmeer, mein Zippo ein Flammenwerfer. Täuschende Worte eben, maßlose Übertreibungen.
Der Opportunist hat keine Angst davor, wenn die Linken und Woken die Macht und die Meinungshoheit in den Medien und Institutionen verlieren, er kann sich anpassen. Aber da er Realist ist, weiß er, dass die Rache der Linken und Woken kommen wird. Die räumen keine einmal errungene Plätze, schon gar nicht wegen irgendwelcher verlorener Wahlen. Demut vor dem Wählerwillen ist ihnen fremd, sie sind doch die Belehrer des dummen Volkes. Vor diesem dann einsetzen Chaos fürchtet sich der Opportunist, lieber lebt er unter einem Diktat.
Ein ehemaliger Freund, im gleichen Ort wie ich aufgewachsen, später dann auch ausgereist aus der DDR und in Stuttgart heimisch geworden, war ein linker SPDler. Wir stritten uns deswegen oft, blieben aber freundschaftlich verbunden.
1990 meinte er: „Jetzt jammern die Ossis nach Geld, die sollen erst mal ihren Müll aufräumen, den sie seit 49 fabriziert haben.“ Er meinte das nicht auf die Köpfe und die Ideologien bezogen, sondern ganz materiell und fügte an: „Sieh dir doch das verdreckte Land an, was die erwirtschaftet haben.“ Ich schämte mich für ihn. Später wurde er Anhänger der Grünen und während der Coronazeit brach unser Kontakt endgültig ab. Natürlich hatte er großes Verständnis für die Maßnahmen.
Eigentlich will ich nicht mehr an ihn denken, versuche ihn zu verdrängen, doch das gelingt nicht immer, manchmal stößt mir die Erinnerung wieder bitter auf. Das ist eine rein persönliche Angelegenheit zwischen ihn und mir, aber warum soll ich nicht darüber berichten?
Als 1989 der „Runde Tisch“ in der DDR gegründet wurde, hatte ich ein ungutes Bauchgefühl, wusste intuitiv, dort werden meine Wünsche keine Rolle spielen. Und es kam so, wie vorausgeahnt. Die Stasileute gingen nicht in den Knast, die SED lebte weiter.
1983, ich war nur ein paar Monate aus der DDR raus, da fragte mich ein anderer Handwerker auf der Baustelle in Stuttgart, dem war mein sächsischer Dialekt aufgefallen: „Welcher Landsmann bist Du?“ Es wirkte auf mich wie ein Willkommensgruß. Landsmann! Sagt das heute noch jemand?
Herrlich blauer Himmel, nur vereinzelte Wolken. Die Sonne erquickt meine Haut. Doch in der Ferne vernehme ich deutlich das Donnergrollen. Ich rede nur vom Wetter, versuche ich mir einzureden.
Ich war am 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus, genau ein Jahr und dreiunddreißig Tage alt. Warum sind meine Eltern nicht mit mir abgehauen, als es noch ging? Es hat sehr lange gedauert, Jahrzehnte, bis ich ihnen vergeben konnte.
Mit dem Wissen ist es wie mit dem Schatz. Man kann nicht alle Schätze dieser Welt besitzen, es genügt völlig, sich über die zu freuen, die man gefunden hat.
Die Wandlung des Selbstbildnisses des Menschen im Laufe der Zeit ist schon verrückt: vom Abbild Gottes zum Schädling einer göttlichen Natur.
Der Wind nervte, er kam von hinten, ständig hatte ich meine Haare im Gesicht. Entweder muss ich die abschneiden oder mich in den Gegenwind stellen, damit ich klar sehen kann. Ich will mich aber nicht beschneiden, als suche ich den Gegenwind.
Die Nachrichten überflogen, dann den Wetterbericht, eigentlich sollte ich nun deprimiert sein, aber eigenartigerweise bin ich abgestumpft, es berührt mich kaum noch. Es scheint ein Überlebensmechanismus der Seele zu greifen.
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