Unrecht ist in der Coronazeit geschehen, Verbrechen gar, und viele haben mitgemacht. Wie soll da eine Aufarbeitung geschehen? Die Akteure der Maßnahmen, der Verbote, der Drangsalierungen und Diffamierungen, die haben kein Interesse daran, es könnte Ihnen an den Kragen gehen. Doch auch die Verführten, diejenigen die sich täuschen ließen, werden sich zurückhalten, wollen nicht daran erinnert werden, mitgemacht zu haben.
Hatten die Mitläufer in der DDR ein Interesse daran, dass die Verbrechen des SED-Regimes aufgearbeitet werden? Nur dann, wenn sie sich als Opfer darstellen konnten. Mindestens aber wurde das Mitmachen heruntergespielt und davon gesprochen, dass man doch nichts dagegen machen konnte. Also gab es auch hier keine Aufarbeitung, die diesem Namen gerecht würde. Runde Tische kamen in Mode, wo es hätte Tribunale geben müssen, bei denen die Verbrecher Rede und Antwort gestanden hätten. Aber nein, das ging nicht, zu viele hatten mitgemacht oder haben es wenigstens widerstandslos erduldet.
Vergleiche hinken immer, auch dieser, aber dennoch gibt es Aspekte, die auf prinzipielle gemeinsame Verhaltensweisen hinweisen. Wir sollten deshalb die Mitläufer ein wenig in den Augenschein nehmen, wenngleich schon der Begriff „Mitläufer“ irreführend ist, eigentlich müssen sie „Mitgezogene“ heißen. Sie ertragen das Unrecht, wehren sich nicht, richten sich ein, versuchen lediglich einigermaßen unbeschadet zu überleben. Unter jedem Regime, möge es wegen Corona oder der SED sein, ist ihr Verhalten gleich. Befehle werden befolgt, ohne dass diese in der Seele Verwundungen auslösen, ja, es ist wie das Verhalten von Soldaten. Unter Befehlsgewalt tun sie auf Anweisung Dinge, die sie eigenverantwortlich nie tun würden. Immer ist dann der Befehl die Rechtfertigung fürs Tun, vor allem als Rechtfertigung gegenüber sich selbst.
Ändern sich irgendwann die Befehle, so haben diese Mitläufer keinerlei Probleme, mit der neuen Situation klarzukommen, ihre Seele und ihr Gewissen waren nicht berührt, der Befehlsstachel hat sie nicht verletzt. Unter dem neuen Regime, mit anderen Befehlsgebern, richten sie sich genauso ein, wie sie es früher taten. Ihr Überlebensinstinkt leitet sie.
Erst wenn wir uns diese Mentalität und diesen Charakter genauer betrachten - und wir reden hier von einer Mehrheit der Deutschen - wird klar, warum sie keine Aufarbeitung haben wollen. Es würde die Mitläufer aus ihrer geistigen Bequemlichkeit reißen, ihre Selbstentschuldigung mit Berufung auf die Umstände, auf die Befehle, würde zusammenbrechen, dann müssten sie sich eingestehen, missbraucht worden zu sein. Wer dann noch ein bisschen tiefer im Selbst gräbt, dem geht vielleicht auf, wie bereitwillig er sich missbrauchen ließ. So weit will kein Mitläufer gehen, diese Selbstanklage, die aus diesem Eingeständnis erwachsen würde, wollen sie unbedingt vermeiden. Es würde ihnen aufgehen, dass sie Unrecht taten, sie sich schuldig machten, als sie Befehle befolgten. 1945 hatten wir diese Situation, und selbst da, nachdem das Nazi-Regime besiegt war und niemand mehr die Verbrechen entschuldigen konnte, gelang es den meisten, sich auf Befehle zu berufen.
Wahrscheinlich wird es also keine schonungslose Aufarbeitung der Coronazeit geben, bestenfalls ein paar runde Tische, an denen dann Menschen sitzen werden, die Vergebung einfordern, von denen, die keine Mitläufer waren. Doch wenn die nicht vergeben wollen, die Kränkungen nicht vergessen können, sondern ein Tribunal über die Hauptschuldigen fordern, dann werden sie als Spalter und Hardliner beschuldigt, möglicherweise als Verschwörungstheoretiker. Wichtig wird sein, sie beim Mitläufer als Außenseiter darzustellen, denn nichts fürchtet der mehr, als nicht mehr zur Masse zu gehören.
Doch wird dem Mitläufer geschmeichelt, indem man ihn um Vergebung für den einen oder andern Fehler bittet, dann ist der ruhig gestellt. Dann geht es weiter in gewohnter Manier, bis zum nächsten Ausnahmezustand.
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Danke. Ohne Aufarbeitung und Entschädigung für die Oper wird es keine funktionierende Gesellschaft mehr geben.
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