11. April 2015

Plattenbauten und eine rote Flagge

Im letzten Teil dieser Ausreiseantrag-Serie wurde beschrieben, wie sich das Misstrauen wie der kalte Wind selbst in die privatesten Kontakte einschlich. Dieses Misstrauen war natürlich bei Leuten wie wir, die wir uns als Oppositionelle und Regimegegner in der DDR verstanden, besonders ausgeprägt, doch es erfasste genauso die normalen Bürger, die die eigentlich nur in Ruhe gelassen und ihr Leben leben wollten. Dies zeigte sich in vielfältiger Weise, zum Beispiel durch das Flüstern in der Öffentlichkeit. Niemand wusste so recht, welche Informationen über sich selbst wo gesammelt wurden also misstraute man jedem. Keiner fragte nach, es hätte ihn verdächtig gemacht, also galt, besser nicht auffallen und sich wie ein Fisch im Wasser bewegen, nicht anecken, nicht das Interesse von wem auch immer wecken. Opportunismus entstand schon daraus, nicht auffallen zu wollen. Die weit verbreitete Meinung heute, vor allem im Westen, der Opportunismus in DDR hätte vor allem dazu gedient, berufliche Karrieren nicht zu gefährden, es also überwiegend Leute mit entsprechendem Ehrgeiz betraf, ist so nicht zutreffend. Es erwischte jeden, zwang selbst diejenigen zum Opportunismus, die eigentlich nur ihre Ruhe haben wollten.

10. April 2015

Kindergeburtstag

Ich habe heute Geburtstag, Schnapszahl: 55. Zur Zeit sind Ferien in BW, so waren heute morgen alle Kinder zu Hause, meine Frau auch, die hat Abendschicht. Also gab es zum bereits zum Frühstück die Geburtstagstorte. Zur Dekoration und als Glückwunsch hatten die Kinder essbares Papier (gibts beim REWE) beschrieben und bemalt und in die Torte neben die Kerzen gesteckt. Offensichtlich hatte aber der Kleinste ein paar von diesen Blättern heimlich gegessen, so dass dann zum Schluss nicht genug übrig waren. Also war einer der Wünsche nicht auf essbaren Papier geschrieben, sondern auf einem ganz gewöhnlichen Stück Karton. Das habe ich aber nicht gesehen oder gewusst, die Brille hatte ich auf dem Schreibtisch liegen lassen. 55, nicht nur die Zähne wackeln, auch die Augen kommen nicht mehr ohne Hilfe aus.

8. April 2015

Briefe. Und ein kalter Wind

Im ersten und zweiten Teil dieser kleinen Reihe, berichtete ich wie es zum Ausreiseantrag aus der DDR kam. Ein erstes Gespräch auf der zuständigen Behörde war vorbei, doch durch einen Zufallsfund in einer Bibliothek konnte ich mich argumentativ aufmunitionieren. Ob dies allerdings letztlich ausschlaggebend war, lässt sich schlecht beurteilen, vielleicht hat es ein wenig Eindruck gemacht, da ich nun mit der Schlussakte vom Helsinki kommen konnte, darauf verwies, dass wenn es keine nationale Gesetze über die Ausreise geben würde, dann internationales Recht gelten würde. Letztlich war uns aber immer klar, an Gesetze ist die Stasi, oder die DDR-Willkürherrschaft, nicht gebunden. Wenn die uns aus dem Verkehr ziehen wollen, dann tun die das eben. Es war ein bisschen wie Pokern, wir wollten uns nicht in Karten schauen lassen, der Staat ließ dies bei sich sowieso nicht zu. Ein bisschen versuchten wir uns abzusichern, zum einen, dass ich eine Patentante im Westen von unserem Ausreiseantrag wissen ließ, die das dann an das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, der damalige Minister war Egon Franke, weiterleitete.

Das, so hofften wir, würde uns vielleicht helfen, sollten wir eingelocht werden. Von Häftlingsfreikauf hatten wir gehört, und bauten darauf wenigstens nicht vergessen zu werden,

6. April 2015

Sind so kleine Hände

Vielleicht fragt sich der eine oder andere Leser, wie es denn nach dem »politisierten Osterstrauß« weiter gegangen ist, bislang ist ja nur berichtet worden, dass wir, meine damalige Frau und ich, einen Ausreiseantrag stellten. Eigentlich ist dies ja ein Ding, was Abertausende getan haben, und man fragt sich als Schreiber dieser Zeilen schon, ob es überhaupt sinnvoll ist darüber zu berichten, vor allem wenn das ganze Prozedere für uns so glimpflich abgegangen ist. Kein Knast hatte es für uns zu Folge, die Kinder wurden uns nicht weg genommen und die Drangsalierungen deswegen waren in unserem täglichen Leben kaum spürbar. Allerdings, war ich als Handwerker auch nicht in einer beruflichen Position, die groß Möglichkeiten zur Schikane bot. Aus meinen Ausbildungsbetrieb, ein staatliches großes Wohnungsbaukombinat, deren Hauptaufgabe es war Arbeiterwohnregale, so nannten wir die Plattenbauten, in die Pampa zu stellen, hatte ich mich recht bald verabschiedet. Wenn ich mich heute daran erinnere, denke ich vor allem an Schlamm und Gummistiefel. Doch den Betrieb hatte ich ja verlassen und bin in einer kleiner Privatfirma untergekommen. Die gab es noch im Handwerk,

4. April 2015

Pressemeldungen im April 2015, kurz kommentiert



Vision von Windrädern steht vor dem Aus

von Josef Schunder in den Stuttgarter-Nachrichten.de vom 21.04.2015

Im Tauschwald zwischen Feuerbach, Weilimdorf und Botnang möchten die Stadtwerke Stuttgart zwei Windräder auf Stuttgarter Boden errichten. Aber wahrscheinlich schon an diesem Dienstag wird das Prestigeprojekt für die Energiewende beerdigt.

Quentin Quencher am 21.04.2015 dazu:
Ich habe den markierten Satz dreimal lesen müssen, wollte nicht glauben was da in den Stuttgarter Nachrichten berichtet wurde:
Selbst wenn das Projekt noch nicht gleich unterginge – bei einer späteren Entscheidung über den Baubeschluss würde ihm wieder das Ende drohen. Allein schon bei den Grünen gibt es bis zu vier Stadträte, die in den drei betroffenen Stadtbezirken wohnen. Zwei gelten als Gegnerinnen des Vorhabens. Für Silvia Fischer von den Grünen ist die Entscheidung noch offen. Obwohl der Druck aus der Bevölkerung groß sei und die Emotionen örtlich fast noch heftiger seien als früher wegen Stuttgart 21,