4. April 2015

Pressemeldungen im April 2015, kurz kommentiert



Vision von Windrädern steht vor dem Aus

von Josef Schunder in den Stuttgarter-Nachrichten.de vom 21.04.2015

Im Tauschwald zwischen Feuerbach, Weilimdorf und Botnang möchten die Stadtwerke Stuttgart zwei Windräder auf Stuttgarter Boden errichten. Aber wahrscheinlich schon an diesem Dienstag wird das Prestigeprojekt für die Energiewende beerdigt.

Quentin Quencher am 21.04.2015 dazu:
Ich habe den markierten Satz dreimal lesen müssen, wollte nicht glauben was da in den Stuttgarter Nachrichten berichtet wurde:
Selbst wenn das Projekt noch nicht gleich unterginge – bei einer späteren Entscheidung über den Baubeschluss würde ihm wieder das Ende drohen. Allein schon bei den Grünen gibt es bis zu vier Stadträte, die in den drei betroffenen Stadtbezirken wohnen. Zwei gelten als Gegnerinnen des Vorhabens. Für Silvia Fischer von den Grünen ist die Entscheidung noch offen. Obwohl der Druck aus der Bevölkerung groß sei und die Emotionen örtlich fast noch heftiger seien als früher wegen Stuttgart 21, fordert sie: „Alles muss auf den Tisch.“ Eine Abwägung sei erst richtig möglich, wenn sämtliche Gutachten vorliegen und das Regierungspräsidium signalisiert hat, ob für das Projekt eine Ausnahmegenehmigung von den Regeln im Landschaftsschutzgebiet denkbar ist.
Hier geht es nicht um einen Bahnhof oder Flughafen, sondern um Windräder in einem Waldgebiet zwischen den Stuttgarter Stadtteilen Feuerbach, Weilimdorf und Botnang. Aber was meint Silvia Fischer von den Grünen, wenn sie erwähnt, dass der Druck aus der Bevölkerung örtlich noch fast noch heftiger als bei Stuttgart 21 sei? Sonnst kümmert die Grünen doch Widerstand recht wenig, und wenn es Bayern und die Stromtrassen geht, so halten sie sich mit »guten« Ratschlägen an Seehofer nicht zurück. Tja, der Wind dreht sich eben manchmal, und manchmal auch mit Hilfe der NIMBYs.




Es ist doch nur Mist aus dem Osten herübergekommen.

DIE ZEIT Nr. 16 vom 16. April 2015 im Gespräch mit dem Maler Markus Lüpertz.
Zeit: Aber an Deutschland selbst zweifeln Sie zuweilen.
Lüpertz: Das wiedervereinigte Deutschland ist ein Moloch, der keine Identität hat und nicht weiß, wo er hintaumelt.

Quentin Quencher am 18.04.2015 dazu:
Eigentlich ist dieses Interview nicht weiter erwähnenswert, außer vielleicht für die Fangemeinde des Malers. Dennoch wird er mit seiner Aussage über die nicht vorhandene Identität Deutschlands im Kontext der Wiedervereinigung ein weit verbreitetes Gefühl angesprochen. Künstler sprechen ja vor allem Gefühle an. Bemerkenswert auch, sein Ossi-Bashing. Er meint, ein geteiltes Deutschland wäre besser gewesen, weil Deutschland viel Schuld auf sich geladen hätte. Für jemanden der zwei Bentleys vor der Tür stehen hat, mit den eigenen Intitialen im Nummernschild, ein ziemlich arrogantes Auftreten. Aber auch das kennen wir von Künstlern, die empfinden sich nicht selten als Nabel der Welt. Wörtlich sagt er in dem Interview: „Es gibt kein nationales Gefühl, da sind wir gebrannte Kinder. Das geteilte Deutschland, das war ein Anfang, das war eine neue Idee für ein Land, welches sehr viel Schuld auf sich geladen hat.“

So viel Mist in zwei Sätzen, das muss man erst mal hinbekommen, gewissermaßen von einer Kollektivschuld zu sprechen, deren Sühne aber vor allem die Ossis in der Zeit des geteilten Deutschlands zu tragen hatten, ist sehr wohlfeil für einen wie Lüpertz.

Von mir zu dieser Thematik hier und hier.



Der Nutritional Footprint: Was hat mein Essen mit dem Klima zu tun?

Von Britta Klein in Kochwelt.de vom 08.04.2015

Einen neuen Versuch hat ein wissenschaftliches Team des Wuppertal Instituts unternommen und eine Methode entwickelt, den "ökologischen Fußabdruck" von Nahrung so zu berechnen, dass wesentliche gesundheitliche und umweltwirksame Faktoren integriert werden.

Quentin Quencher am 09.04.2015 dazu:
Ist das nur wieder einmal eine Sau die vom Wuppertaler Institut durchs mediale Dorf getrieben wird? Sicher nicht, denn mit der Ernährung ist viel mehr verbunden als nur medizinische, überhaupt naturwissenschaftliche Fragen. Sie gehört zur Kultur und zeigt schon durch die Existenz von Regeln in den Religionen diesbezüglich, welches auch spirituelles Potential ausgeschöpft werden kann. Passend dazu wird eine Oecotrophologin zitiert, die zwar vom Ressourcenverbrauch im Ernährungssektor spricht, dies aber nur das halbe Bild ausleuchtet, denn gerade zum Berufsbild einer Oecotrophologin gehören auch die psycho-soziologischen Aspekte der Ernährung. Und genau dies dürfte bei dieser neuen Methode des »ökologischen Fußabdrucks« im Vordergund stehen. Verhaltensweisen sollen im täglichen Leben erlernt werden, und zwar so dass sie letzlich kulturverändernd wirken, die Ideologie des Ökologismus also weiter und tiefer in unserem Alltag verankerd werden soll. Um Klima oder Ressourcen oder Gesundheit geht es nämlich nicht wirklich, selten halten die Versprechungen von Ökolandbau oder dergleichen einer kritischen Überprüfung stand. Es ist nur mal wieder, um mich zu wiederholen, ein durchaus geschickter Versuch, den Ökologismus zur Alltagskultur zu machen.



"Angela Merkel hat keine Ahnung, was Europa bedeutet"

von Albrecht Meier im Der Tagesspiegel vom 04.04.2015.

Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse wirft der heutigen Politiker-Generation vor, sich vom Gründungsgedanken Europas weit entfernt zu haben. Der Autor kann dem pragmatischen Stil von Angela Merkel und François Hollande nichts abgewinnen.

Quentin Quencher am 04.04.2015 dazu:
Wenn in dem im Artikel für den Sonntag angekündigten Interview, Menasse das wiederholt, mit dem er schon seit gefühlten ewigen Zeiten durch die Medien geistert, dann läuft es auf eine Bewertung von Identitäten hinaus. Regionale Identitäten sind gut, Nationale schlecht. Transnationale sind wiederrum gut. Er geht ja mit seinen Vorstellungen der »Transnationalen Staaten von Europa« hausieren, die aber schon im Ansatz seinen Denkfehler offenbaren. Transnational bedeutet ja nicht, dass es keine Nationalität mehr gibt, sondern nur, dass Europa zum neuen Nationalstaat wird. Dies sind Träumereien, denn wenn der Nationalstaat der Ursprung von Problemen ist, sonst müsste man ihn ja nicht überwinden, dann treten diese Probleme nicht minder in einem „Transnationalstaat Europa“ auf.

Wenn Menasse nun der heutigen Politiker-Generation vorwirft, dass sie den Gründungsgedanken der EU vergessen würde, der nach seiner Ansicht die Überwindung des Nationalstaates sei, dann hat er erstens nicht begriffen, dass es sich bei der EU um die Kooperation von Nationalstaaten handelt, deren Annäherung, und nicht um eine Überwindung. Und zweitens, dass sich eben der Zeitgeist ändert, und darauf die Politik regieren muss.

Menasses Unterscheidung in gute und schlechte Identitäten sind aber die für mich am wenigsten akzeptable Aussage. Im Salon Sophie Charlotte 2014 sprach der Berliner Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Christoph Möllers mit Menasse über dessen Buch "Der Europäische Landbote, Die Wut der Bürger und der Friede Europas oder Warum die geschenkte Demokratie einer erkämpften weichen muss". Ich hatte Möllers Aussagen in einem kleinen Video verarbeitet.



Aus der Presse im März 2015

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