„Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der “Zeit” und Moderator der öffentlich-rechtlichen Talkshow “3nach9″ hat möglicherweise Wahlbetrug begangen.“ schreibt Thomas Knüwer in einem lesenswerten Beitrag in «Indiskretion Ehrensache» und bringt weitere anschauliche Beispiele, warum es di Lorenzo ein einfaches gewesen wäre, die Unrechtmässigkeit seines Verhaltens zu erkennen. Das Prinzip «one man, one vote» würde schliesslich schon im Geschichtsunterricht gelehrt. Ob allerdings aus diesem Prinzip, wonach jeder Bürger nur eine Stimme hat, abgeleitet werden kann, dass di Lorenzos Verhalten moralisch bedenklich ist, muss in Frage gestellt werden. One vote bedeutet bei der Wahl zum Europäischen Parlament ja nicht, dass jede Stimme gleich viel wert ist, sondern die werden nach dem Prinzip der degressiven Proportionalität gewichtet. In der Praxis sagt das dann aus, wie viele Bürger eines Landes auf einen Abgeordneten kommen. In Italien sind es mehr als 800.000, in Deutschland ebenso. In Bulgarien sind es reichlich 400.000. Somit hat die Lorenzo als er seiner Stimme doppeltes Gewicht verliehen hat, diese nur auf das gleiche Gewicht gebracht wie eine ganz normale bulgarische Stimme. Die Stimmen von Malta oder Luxemburg sind aber noch rund fünf mal schwerer. «One man, one vote», dieser Spruch, ist angesichts solcher undemokratischen Verhältnisse ein Witz.
Wenn wir uns den EU-Durchschnitt anschauen, knapp 670.00 Bürger pro Abgeordneten, dann entsenden folgende Länder weniger Abgeordnete ins EU Parlament als ihnen zustehen würden: Vereinigtes Königreich, Spanien, Frankreich und Deutschland sind zu rund 30% unterrepräsentiert, Italien mit 20% und Polen mit 10%.
Nun beginnen die Verhandlungen darüber, wer welcher Fraktion im EU-Parlament beitritt. Da aber auch auf Grund ganz unterschiedlichen Wählerverhaltens in den einzelnen Ländern, in Kombination mit der Stimmengewichtung, hier ein Ergebnis geschaffen wurde von dem man nicht wissen kann ob es dem Wählerwillen entspricht, ist dieses Parlament nicht demokratisch legitimiert. Nicht nur di Lorenzo hat das Prinzip «one man, one vote» missachtet, das ganze EU-Wahlrecht verzichtet komplett darauf.
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