Wir müssen dem Schicksal, oder der Vorsehung, dankbar sein, das uns Österreich diese überaus unterhaltsame Präsidentenwahl bescherte. Die Dramaturgie war ausgezeichnet, das Drehbuch auch. Ein Blauer gegen einen Grünen, erst das Zielphoto brachte Gewissheit wer von beiden eine Nasenlänge vorn war. In den Vorläufen sind die Roten, die Gelben und die Schwarzen bereits ausgeschieden. Nur zwei Farben blieben übrig, was nun die Anhänger der anderen Farben dazu zwang, sich für den Schlusslauf neu zu entscheiden. Die meisten taten es. Sie gingen nur kurz nach Hause, lediglich um sich ein anderes Tshirt anzuziehen. Die Farbe musste gewechselt werden. Die Mehrzahl der Anhänger von Rot, Gelb und Schwarz kleideten sich nun Grün, deutlich weniger entschieden sich für Blau, doch da Blau vorher schon die meisten Anhänger hatte, standen sich am Ende zwei etwa gleich große Mengen von Anhängern gegenüber.
Es ist dieses assoziieren oder dissozieren, diese Entscheidung für oder gegen die eine von zwei Möglichkeiten, worin das Politische gipfelt, um mit Carl Schmitt zu sprechen. Zwei Farben bleiben übrig, sie haben sich als die Antagonisten der Zeit heraus gestellt. In der Vergangenheit waren es andere Farben, da standen sich Rot und Schwarz gegenüber, sie waren es die es in den Schlusslauf schafften. Noch früher gab es sicher noch andere Farben. Dies zählt heute nicht mehr, aus Feinden sind Freunde geworden, die sich nun gemeinsam, wenn es sein muss, hinter einer neuen Farbe versammeln. Ihre vormaligen Farben wecken lediglich nostalgische Gefühle, im hier und heute spielen sie keine Rolle mehr. Sie sind im Vorlauf ausgeschieden.
Nur durch diese Reduzierung auf zwei Farben, der die Menschen zwingt sich zu positionieren, können wir erkennen, was die wirklichen politischen Auseinandersetzungen der Zeit sind. Und hier hat sich gezeigt, zumindest in Österreich, dass es die grünen und die blauen Weltbilder sind, die die Jetztzeit bestimmen. Die politisch dominierenden Komplimentärfarben sind Blau und Grün geworden. Freilich tun die Roten so, als wären sie rot, die Schwarzen so als wären sie schwarz, am Ende, dann wenn es um Sieg oder Niederlage geht, tragen sie alle Grün oder Blau. Im normalen Leben ist dies nicht so deutlich erkennbar, erst der Ernstfall offenbart dies. Die Bundespräsidentenwahl in Österreich war nicht nur spannend und unterhaltsam, sie hat uns gleichzeitig die Augen für die fundamentalen politischen Auseinandersetzungen der Zeit geöffnet.
@Quentin
AntwortenLöschenIch stelle mal folgende Hypothese auf. Unter der blauen Farbe versammeln sich vorwiegend Menschen die in der Industrie den Wohlstand des Landes verdienen und/oder einen niedrigeren Lohn oder Rente haben.
Unter der grünen Farbe versammeln sich vorwiegend diejenigen Menschen die aus Steuermitteln bezahlt werden und/oder einen hohen Lohn haben.
@ Günter,
Löschengut möglich. Meine Beobachtung ist eigentlich die, dass die Grünen praktisch seit den 80er Jahren die anderen Parteien vor sich her trieben. Stück für Stück wurden ihre Themen und ihre Ansichten von den anderen übernommen. Die Blauen sind nun die Gegenbewegung dazu und es geschieht nun genau das gleiche.
@Quentin Quencher
LöschenWobei die Haltung der Medien ganz verschieden ist:
Die Grünen wurden von ihnen jahrelang als die "Guten" aufgebaut. Umgekehrt die Blauen als "Teufel".
Beides wirkt bei unpolitischen Menschen.
Die Grünen treiben die anderen Parteien dank der Medien vor sich her. Die Blauen dank der Wahlergebnisse.