20. Dezember 2013

CDU vor der Zerreißprobe

Drei Tweeds von Peter Altmaier zeigten schon an, dass er die sich abzeichnende Schwarz-Rote Koalition nicht bevorzugte:



Als Kanzleramtsminister wird er sich nun mit Twittermeldungen zurück halten müssen, dafür sagt aber Volker Bouffier auf der Pressekonferenz am 18.12.2013, als er zusammen mit Tarek Al-Wazir verkündete, dass sich Grüne und CDU in Hessen einig geworden sind:
Wir, die Union, wie auch Bündnis 90/Die Grünen, denken in Werten und nicht in Strukturen.
[...]
Für die einen ist es die Verantwortung vor der Schöpfung, für den anderen die Verantwortung gegenüber Natur und Umwelt.
Die Annäherung zwischen Grünen und der Union ist nicht nur eine politische, sondern vor allem eine kulturelle. Hier nähern sich zwei Weltsichten an, weil liberale Elemente bei der Union, und die der K-Gruppen bei den Grünen, an Bedeutung verlieren. Zwar betont Bouffier in der Pressekonferenz auch die Freiheit des Individuums, wohl vor allem um nicht mit den Verbotsorgien der Grünen in Verbindung gebracht zu werden, dennoch ist diese Freiheit der Bewahrung der Schöpfung untergeordnet und folgt somit dem gleichen ideellen Ansatz der Grünen, die in einer Vergötterung einer beendeten Schöpfung sozusagen eine neuheidnische Religion geschaffen haben.

Beobachtet wurde diese Entwicklung schon länger, sie war nur nicht auffällig und ist nicht so oft in den Medien besprochen wurden wie beispielsweise die Sozialdemokratisierung der Union. Die Übernahme von sozialdemokratischen Positionen ist aber keine kulturelle Annäherung, sondern eine politisch taktische. Sozis und Schwarze sind sich emotional nicht näher gekommen, vor allem deshalb, weil die katholische Soziallehre auch einen Ansatz für die Sozialpolitik bietet, man dafür die Sozialdemokraten nicht braucht.

Grüne und Schwarze, die in gleichen Werten denken, Schwarze und Rote die Bündnisse aus machtpolitischen Gründen schmieden und schon deshalb ein Disput über die unterschiedliche Weltsicht unterbleiben muss, ergeben insgesamt ein Gemenge, bei dem in der Politik und in der Gesellschaft wesentliche Teile nicht mehr in der Öffentlichkeit wahr genommen werden. Liberalismus hatte auch immer seinen Platz in der Union, sowie der Pragmatismus in Hinblick auf Wirtschaftspolitik. Diese beiden Bereiche, manche meinen das wäre eigentlich nur einer, was aber nur teilweise zutrifft, kommen unter die Räder.

Das wird sich für die Union rächen, schon seit einiger Zeit ist der Wirtschaftsflügel deutlich verschnupft über den schwindenden Einfluss in der Partei. Pragmatismus zur Wohlstandsmehrung wird kaum noch wahr genommen und sogenannten höheren Werten untergeordnet, die allerdings bei genauerer Betrachtung wenig Substanz haben und nur ein Gefühl bedienen, dass aus der Kritik an der Moderne hervorgeht.

Im Handelsblatt zeigte Dietmar Neuerer auf, dass gerade die Vernachlässigung dieser wichtigen Flügel in der Union, zu einer Wiedergeburt der FDP und zur Stärkung der AfD führen wird. Oswald Metzger (CDU) wird mit den Worten zitiert:
„Wenn die Kanzlerin zu viele wirtschafts- und sozialpolitische Positionen der bürgerlichen Mitte für die Große Koalition aufgibt, dann wird nicht nur innerparteilich der Unions-Wirtschaftsflügel weiter marginalisiert. Nein, dann lädt die Union die bürgerliche Mittelschicht im Land geradezu ein, bei den nächsten Wahlen ihr Kreuz bei AfD (Alternative für Deutschland) oder FDP zu machen“
Wenn es nur dies wäre, also ein für die Union schlechtes Aushandlungsergebnis um die GroKo nicht zu gefährden, dann führt dies zwar zu Unmut in der Partei, der dann wieder zu entsprechenden Korrekturen führen kann, gefährdet aber nicht die Substanz der CDU.

Die Annäherung an die Grünen ist da ein anderes Kaliber, weil es hier um grundsätzliche Werte geht. Die bürgerliche Mitte, sofern sie sich einem Pragmatismus und Liberalismus nahe sieht, und das sind die meisten, wird an den Rand gedrängt, da deren Werte als Gegensatz zu den Werten, oder sagen wir besser Ideologien, der schwarzgrünen stehen.

Hessen ist kein Sonderfall, sondern die Entwicklung ist in der ganzen Union zu beobachten, die Tweeds von Peter Altmaier sind ein deutliches Zeichen dass auch in der Union der Vormarsch von Ideologien gegenüber Pragmatismus und Liberalismus im vollen Gange ist. Der Begriff Werte drückt es nicht exakt aus, Volker Bouffier hätte sagen müssen: „Wir denken in Weltbildern, sehen uns unserer Ideologie verpflichtet von der wir uns leiten lassen“. Strukturen aber, die der hessische Ministerpräsident ablehnt, haben kein Weltbild, sondern geben einen Rahmen vor, innerhalb dessen sich ein Wettbewerb um die besten Lösungen für Probleme und Fragen entwickelt.

Dietmar Neuerer hat Recht, zum Teil, die Götterdämmerung für die Union hat begonnen, aber weniger wegen der Übernahme von sozialdemokratischen Positionen, sondern wegen der Hinwendung zur grünen Ideologie, die eben Schöpfungsbewahrung genannt wird. Pragmatismus und Liberalismus wird sich eine neue Heimat suchen, bei der FDP, bei der AfD und vielleicht auch bei den Sozialdemokraten, sofern die ihr Verhältnis zu den Grünen angesichts der schwarz-grünen Annäherung überdenken.

3 Kommentare :

  1. Nähmen die beiden Koalitionsparteien die Verantwortung vor der Schöpfung bzw. gegenüber Natur und Umwelt wahr, würde nicht über eine Stunde Nachtflug diskutiert, sondern der Flughafen geschlossen, wenigstens bis eine umweltverträgliche Energieversorgung gewährleistet ist. So wird nicht nur wenig unternommen, sondern es wird auch noch den Wählern Sand in die Augen geworfen und ihnen vorgegaukelt, es gäbe eine umweltverträgliche Politik. Unbequeme Wahrheiten sind nicht erwünscht.
    Allerdings werden die wesentlichen Entscheidungen ja auf EU-Ebene getroffen, in zweiter Linie vom Bund.
    Gäbe es soziale Verantwortung, würden auch nicht die Sozialhilfeempfänger bei uns höchst kommod ausgestattet, sondern sie würden gefordert und das Geld stattdessen für die wirklich Armen in dieser Welt verwendet.

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  2. In den Umfragen erkenne ich keine Wiedergeburt der FDP.

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  3. Ja, lieber Techniknörgler. Es ist auch keineswegs ausgemacht, dass die FDP wieder aufersteht. Aber sie könnte eine neue Heimat für verprellte CDU Mitglieder werden, sofern sich die Liberalen nicht auch den Grünen an den Hals werfen. Momentan ist es ganz schwer einzuschätzen wie sich die politische Landschaft in den nächsten Jahren entwickelt.

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