17. Oktober 2013

Kein Plan, nirgends. Angela Merkel und die Energiewende

Gestern noch habe ich geschrieben, dass die Kanzlerin sich nicht in die Karten schauen lässt, doch dies war bereits Stunden später so nicht mehr zutreffend. Denn ebenfalls gestern hielt sie eine Rede vor dem Gewerkschaftskongress in Hannover, welche man gewissermaßen als Regierungserklärung deuten könnte. Aber selbstverständlich war dies auch eine Rede an potentielle Partner für die nächste Legislaturperiode. Da die Sondierungen mit der SPD noch nicht abgeschlossen sind, müssen das alle Beteiligten so empfinden, der zeitliche Rahmen bedingt dies. Merkel sieht vier zentrale Handlungsschwerpunkte die die nächste Regierungszeit bestimmen werden: 1. Stabiler Euroraum, 2. Dass die Energiewende gelingt, 3. Finanzbeziehungen Bund-Länder, 4. Demographiestrategie entwickeln. Hier soll nun nur über die Energiewende gesprochen werden, weil ja schon im Vorfeld immer wieder Forderungen laut worden, dass das EEG zumindest reformiert werden muss. Nur wie diese Reform aussehen soll, und welche Beweggründe hinter einer Reform stehen, darüber herrschte große Unklarheit.

„Dass die Energiewende gelingt“, diese Formulierung Merkels lässt keinen Zweifel daran aufkommen, ob ihr möglicherweise eine Scheitern dieser Energiewende doch lieber wäre, weil damit erwiesen sei, dass die sogenannten »Erneuerbaren Energien« - bessere Bezeichnung wäre »Neue Ineffiziente Energie« - über einen Nischenstatus hinaus nicht praktikabel einsetzbar sind. Nein, sie möchte die Energiewende retten, diese ihre Darstellung erscheint glaubhaft. Ob sie auch das EEG retten will, das steht aber nach wie vor in den Sternen, doch wir dürfen getrost annehmen, dass Merkel klar ist: Es gibt keine Energiewende ohne EEG.

Die Analyse der Probleme die die Energiewende und das EEG verursachen, ist recht klar:
„Bei uns steigen die Energiepreise, anderenorts sinken die Energiepreise. Beispiel Vereinigte Staaten von Amerika. [...] Das hat massive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit [...] schleichende Verlagerung, oder Entscheidungen für Zukunftsinvestitionen, die eben nicht mehr für Deutschland fallen
Wie diesem hausgemachten Wettbewerbsnachteil, einer der den Wohlstand aller bedroht, begegnet werden soll, wird aber nicht klar. Sie spricht einige Punkte an, die unbedingt geändert werden müssen, doch keiner dieser Vorschläge ist geeignet das Grundproblem mit den Preisen und der Verfügbarkeit (was im Grunde ja auch eine Preisfrage ist, weil Reserven vorgehalten werden müssen) in den Griff zu bekommen. Der Wettbewerbsnachteil bleibt bestehen. So spricht sie beispielsweise davon das eine Novelle des EEG notwendig ist, „und das sehr schnell“, um aber sofort anzufügen:
Das alleine reicht aber noch nicht, sondern wir haben fallende Börsenstrompreise, womit der Anstieg der EEG-Umlage im Augenblick überhaupt nicht nur getrieben ist durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien, es ist die Differenz zum Börsenstrompreis, also auch durch die sinkenden Börsenstrompreise. Was muss man dort machen: Wir brauchen ein gewisses Backloading von CO₂Emissionen, damit der Zertifikatepreis wieder ein vernünftiges Niveau erreicht. [...]
Und wenn der Zertifikatepreis wieder höher ist, dann wird die Rangfolge der Kraftwerke die wettbewerbsfähig sind wieder ändern, und dann haben moderne, sehr fexible, Gaskraftwerke wieder eine bessere Chance, die im Augenblick, gegenüber den Kohlekraftwerken nahezu keine Chance haben.
Linke Tasche, rechte Tasche. Wie damit dem Wettbewerbsnachteil »teuer« begegnet werden soll, wird wohl ein Rätsel bleiben. Wenn der Börsenstrompreis so hoch ist, wie die NIE teuer sind, dann bräuchten wir tatsächlich keine EEG-Umlage zahlen. Doch wäre deswegen der Strom billiger? Überhaupt ist so vieles was Merkel in der Rede vorbringt logisch nur nachvollziehbar, wenn man wirtschaftliche Aspekte völlig außen vor lässt, jedenfalls gesamtgesellschaftlich gesehen. Einzelne profitieren natürlich, und je mehr das sind, umso schwieriger wird es werden Subventionen abzuschaffen. „Aber das müssen wir schaffen, sonst hat die Politik ihre Aufgabe nicht erfüllt“ (Beifall). Es ist schwer zu sagen, ob aus diesem Nebensatz herauszulesen ist, dass Merkel eigentlich Subventionen abschaffen will, wahrscheinlich ist es nicht, denn kurz vorher brachte sie die nächste Subvention ins Spiel.
Wir brauchen natürlich ein System der strategischen Reserven, also von Kraftwerken die zur Verfügung stehen wenn Engpässe eintreten, und dieses System der strategischen Reserven muss schrittweise mit Kapazitätsmechanismen ausgestattet werden.
Kapazitätsmechanismen? Einen Kapazitätsmarkt meinte sie wahrscheinlich, also einen Kraftwerkspark, der nur dazu da ist die Unzulänglichkeiten der NIE auszugleichen. Kraftwerke die sich nicht rechnen, aber gebraucht werden und fürs rumstehen bezahlt werden.

Nein, so wird das alles nichts. Keine der beschriebenen Maßnahmen dient dazu einen der gravierendsten Kollateralschaden der Energiewende zu vermindern, was nämlich die sinkende Wettbewerbsfähigkeit und damit verbundene schleichende Deindustrialisierung ist. Die Probleme hat Frau Merkel richtig erkannt, nur was sie zur Lösung vorschlägt ist völlig ungeeignet.

Waren das nun nur noch weitere Nebelkerzen von Angela Merkel, oder hat sich durch diese Rede der Nebel ein bisschen gelichtet. Seht selbst:

Angela Merkel über ihre Vorstellungen zur Reform des EEG from Quentin Quencher on Vimeo.


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