Welzer meint, unsere moderne Industriegesellschaft hat bei den Menschen eine Tiefenprägung verursacht, wonach wir nur noch fähig sind in den Gegebenheiten dieser Gesellschaft zu denken und spricht sich für ein anderes Kulturmodell aus. Eines was mit dem etwas altmodischen Wort Genügsamkeit noch völlig unzureichend umschrieben wird. Ja geht sogar noch bis hin zu Selbsthass wenn er meint:
„Ich glaube ja, dass wir gar nicht so sein wollen wie wir.“
Es wurde aber auch noch konkreter. Füchs, als Beführworter des Grünen Wachstums, meint mit drei Punkten seine Vision einer ökologischen Industriegesellschaft skizzieren zu können:
1. Massive Steigerung der Ressourceneffizienz.
2. Übergang zur Kreislaufwirtschaft die keinen Abfall mehr kennt.
3. Übergang von fossilen Energiequellen (Kohle, Öl, Gas) zu erneuerbaren Energien. Von begrenzten Rohstoffen zu nachwachsenden Rohstoffen.
Den Vogel schießt aber Welzer ab, der sieht gar in Innovation und Effizienzsteigerung eine Gefahr, weil diese dazu beitrage, unser Kulturmodell, welches er als falsch erkannt hat, aufrecht zu erhalten.
Es geht überhaupt nicht um Erhöhung von Effizienz, sondern um Reduktion von Effizienz. Ganz schlicht und ergreifend.
[..] Solange ich das Kulturmodell beibehalte nutzen mir die ganze Innovationen gar nichts, sie tragen zum weiterbeibehalten dieses falschen Prizipes bei.
Füchs hält solche Vorstellungen für Humbug, was er so nicht sagt, aber erkennen lässt. Er meint gar, dies sei eine uralte Debatte, die in so verschiedenen Quellen wie der Bibel (Vertreibung aus dem Paradies, Turmbau zu Babel), der Promeuteus Mythologie oder gar in Goethes Faust angesprochen werden. Dass also das Streben der Menschen nach Erkenntnisgewinn und die Suche nach neuen Möglichkeiten geradezu eine Konstante sei, völlig unabhängig von der jeweiligen Gesellschaftsform.
Ganz am Anfang der Diskussion meinte der Moderator, Peter Siller, dass Welzer und Füchs zwei Personen seien, die markante Positionen zum Wachstum im grün-ökologischen Spektrum vertreten. Damit hat er sicher Recht, eigentlich sind es die beiden einzigen Positionen die bislang in diesem Spektrum ausformuliert sind. Aber beide wollen sie mit fragwürdigen Begründungen den Menschen vorschreiben wie sie zu leben und vor allem, wie sie zu wirtschaften haben. Der eine gleich mit einer Art Kulturrevolution, der andere mittels Gängelung welche als ökologische Leitplanken verharmlost werden.
Beide zeigen sie sich gegenseitig auf, dass die jeweilig anderen Positionen entweder falsch oder menschenverachtend sind, und beide haben sie Recht damit. Allerdings anders als sie es sich vorstellen. Es wird eine Weiterentwicklung und Innovationen geben, in Technik und Gesellschaft und auch in Wissen, aber nicht so wie es sich diese beiden Jünger des The Limits to Growth vorstellen. Dazu sind beide viel zu sehr in ihren jeweiligen Ängsten verfangen.
Ergänzend zum Thema:
Nachhaltige Selbstzerstörung
Meadows, Ott und die Katastrophen
Anthropozän und Technium
Dieser Text ist im Buch Im Spannungsfeld |1 enthalten.
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