5. August 2022

Auf dem Spielplatz

Ein Bild, das ich nicht vergessen kann und sich immer wieder mal ins Bewusstsein schiebt. Die beiden Jüngsten waren noch klein, ca. 6 und 4 Jahre alt, da ging ich hin und wieder mit ihnen auf dem Spielplatz und dort, wie auf vielen Spielplätzen, stand eine aus Seilen bestehende Kletterpyramide. Meine Kids erkletterten sie jedes Mal bis zur Spitze und winken dann fröhlich von oben herunter.

Natürlich waren noch mehr Kinder dort, auch andere Eltern oder Großeltern. Aber die verhielten sich anders als ich, zeigten andere Emotionen. Ständig ergingen Warnungen an ihre Kinder, dass sie bitte aufpassen sollten, besser innen hochklettern mögen und nicht bis ganz noch oben. Vereinzelt hatten welche einen Fahrradhelm auf. Diese so ermahnten Kinder hatten keinen Spaß mehr, an dem was sie taten, sie wirkten verklemmt, die Ängstlichkeit der Aufsichtspersonen ist auf sie übertragen worden.

Befürchtungen, dass meinen Kindern etwas zustoßen könnte, hatte ich natürlich auch und war jedes Mal erleichtert, als sie wieder wohlbehalten unten waren. Aber niemals hätte ich ihnen dies gezeigt, denn eine andere Angst war ebenfalls in mir: nämlich die, mit zu viel Ermahnungen ihnen die Freude am Spielen zu nehmen, oder die Chance der Selbsterfahrung, auch der, was die eigenen Grenzen der Fähigkeiten betrifft.

Warum aber drängt sich dieses Bild in letzter Zeit immer wieder ins Bewusstsein? Damals war ich traurig, wenn ich die anderen Kids beobachte, wie ihnen Lebens- und Spielfreude genommen wurde, die Chance auf Selbsterfahrung. Mühsam nur konnte ich den Drang in mir, die Eltern oder Großeltern zu beschimpfen, unter Kontrolle bringen. Nur ein paar zornige Blicke mussten sie von mir ertragen. Ob sie die auch richtig gedeutet haben? Wahrscheinlich nicht! Zwar hat es hin wieder auch ein paar oberflächliche Unterhaltungen mit ihnen gegeben, aber nie an der Kletterpyramide.

Ja, warum denke ich die letzten zwei Jahre wieder so oft an den Spielplatz? Weil mich wieder die gleiche Traurigkeit erfasst, heute allerdings, wenn ich Kinder mit Masken sehe. Es hat sich also nichts geändert, nein, es ist nur noch schlimmer geworden. Wir werden in zehn oder zwanzig Jahren viele, viele gute Psychiater brauchen, die den nun Erwachsenen ihre Ängste, mit denen sie in der Kindheit misshandelt wurden, bewusst machen.


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