Das Thema Heimat hat und hatte nie eine große Bedeutung in der öffentlichen Diskussion. Manchmal wird es kurz angerissen, bleibt aber meist im Gefühligen, ein jeder sagt lediglich, was er bei diesem Wort empfindet. Dies wird sich ändern, um den Begriff Heimat erwarte ich kommende Dispute, verbunden mit dem Versuch, ihr einen neuen politisch korrekten Sinn zu geben. Das fällt um so leichter, als eben bisher meist nur oberflächlich über sie gesprochen wird. Ich habe mir vorgenommen, mich in Zukunft mehr mit dem Thema zu beschäftigen und habe hier mal zusammengestellt, was bislang von mir dazu erschienen ist. In manchen Texten ist nicht mal das Wort „Heimat“ erwähnt, und doch stehen sie in diesem Kontext, des Seins im Dasein, was nicht ohne Heimat vorstellbar ist und eine Beschreibung dieses Raumes, was er für den Menschen bedeutet, notwendig macht.
Der Wald, die Deutschen und die DMark
Latiner, Teutonen und die Zukunft Europas
Diaspora, Integration und die Freiheit des Individuums
Der Traum vom Regenbogen
Lieber Heinz Eng
August der Starke, die Sachsen und Pegida
Wer flüstert in der Öffentlichkeit?
Deutsche Rollenspiele
Ein politisierter Osterstrauß
Die Heimatfremdlerin
Über die Heimat
Die Grenzenlose
Graffiti, Windmühlen und die Beherrschung des Raumes
Die Baummenschen
Die Mauer - ganz persönlich
Warum Leitkultur?
Ein neues Sinnbild für Deutschland
Der Einwanderer als Frontier
Ein Tag am See
Die Anhöhe
Die Heimat der Grünen
Die Heimat der Grünen – Nachtrag
Wenn Deutschland stirbt
(3. April 2013)
Der Wald, die Deutschen und die DMark
„In keinem modernen Lande der Welt ist das Waldgefühl so lebendig geblieben wie in Deutschland“, meinte Elias Canetti in seinem Hauptwerk Masse und Macht, und beschreibt den Wald als ein deutsches Massensymbol. Doch der deutsche Wald in der deutschen Seele war nicht wie der tropische Urwald, welcher eher eine chaotische ungegliederte Masse darstellt, sondern klar geordnet, mit der Betonung des Aufrechten. In dieser Gemeinschaft der Aufrechten fühlt sich der Deutsche wohl, beschützt, aufgenommen. Da will er dazugehören, so will er sein. In hunderten Liedern und Gedichten wird der deutsche Wald beschrieben.
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(25. Oktober 2013)
Latiner, Teutonen und die Zukunft Europas
Wenn heute von der Krise Europas gesprochen wird kommt man an Girogio Agamben, dem italienischen Philosoph, der die Lebensart und Kultur der »Latiner« durch den teutonischen Kapitalismus bedroht sieht, nicht vorbei. Alle großen Zeitungen und Nachrichtenportale berichteten von ihm und seinen Vorstellungen eines »L’Empire Latin«, welches die so empfundene Vorherrschaft Deutschlands in Europa beenden müsse.⁽¹⁾ Hierzulande sieht man derartige Vorstellungen mit gemischten Gefühlen, das Mittelmeer mit seinen nördlichen Anrainerstaaten, von der Türkei bis Spanien, sind Sehsuchtsorte der Teutonen, und nicht nur dieser. Licht, Meer, mediterrane Lebensart, gepaart mit etwas Kulturromantik, sind zu einem Bild verschmolzen zu dem man hinzu gehören möchte. Allerdings, ganz aktuell, wenn in der Debatte um die Krise des Euro, und der europäischen Union insgesamt, sich immer mehr der Eindruck verfestigt, dass eben dieser mediterrane Lebensstil nur mit dem Geld der Teutonen aufrecht zu erhalten ist, dann fühlt man sich schnell übern Tisch gezogen, und Sehnsucht schlägt in Missbilligung um. Dies geschieht auf beiden Seiten der Alpen, wie Agamben deutlich zeigt. Das Projekt Europa, welches auch eine gemeinsame europäische Identität schaffen sollte, nicht zuletzt mit dem Euro, droht zu scheitern weil es von vornherein als eine mehr wirtschaftliche Einheit geplant wurde, und weniger als eine kulturelle.
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(31. Oktober 2013)
Diaspora, Integration und die Freiheit des Individuums
Kulturelle Identität ist aber mehr als Folklore, sie betrifft das eigene Selbstverständnis, und gerade in der Fremde wird dies dem Einzelnen umso deutlicher. Nachfühlen kann dies jeder der einmal für längere Zeit im Ausland gelebt hat, oder gar selbst ausgewandert ist. Es bildet sich, wenn genug Menschen zusammenkommen, eine Diaspora mit eigenen Zeitungen, Webseiten, auch Kindergärten und Schulen oder Stammtische. Und sollte jemand auf die Idee kommen, die Deutschen im Ausland zwingen zu wollen sich besser zu integrieren, dann wird dies sicher als despotische Maßnahme empfunden. Die Vertreibungen von Deutschen aus Osteuropa, Banater Schwaben und Sachsen oder Wolgadeutsche beispielsweise, zeigten doch gerade auf, wie sich kulturelle Identitäten teils über Jahrhunderte in den jeweiligen Gastländern - eigentlich der falsche Ausdruck, weil für diejenigen die da leben ist es Heimat - gehalten und entwickelt haben.
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(26. Dezember 2013)
Der Traum vom Regenbogen
Das was Nelson Mandela träumte, träumen ja auch viele Befürworter einer europäischen Einigung. Weniger kontrastvoll wie in der Republik Südafrika zwar, doch prinzipiell nicht anders. Ein Nebeneinander von verschiedenen Kulturen, Sprachen, Identitäten unter einem gemeinsamen Dach. Manchmal allerdings wird von europäischer Integration gesprochen, was aber eine europäische Identität voraussetzt, die als eher schwach angesehen werden kann und lediglich wenn es um Abgrenzungen zu Nichteuropa geht, ansatzweise zu erkennen ist. Andere Bindungen, andere Indentifikationen sind dominanter, weshalb der Begriff europäische Integration eigentlich nichts aussagt. Genau genommen, gibt es diese gar nicht, sondern einen Versuch eine Pluriethnizität herzustellen, wobei wir hier die Bezeichnung Ethnie als Beschreibung für kollektive Identität betrachten sollten, was eine sehr weite Auslegung des Begriffs zulässt. Vielleicht trifft es Plurinationalität besser.
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(21. Juni 2014)
Lieber Heinz Eng
Die DDR, lieber Heinz, war deine Heimat. Die kulturelle Heimat vor allem. Das hat erst mal nichts mit Ideologie oder Sozialismus zu tun, sondern mit den Vertrautheiten die die Heimat liefert und die vor allem kulturellen Charakter hat. Freilich hast Du mit der Zeit auch erkannt dass die Erklärungen der Politik für die Zustände in deiner Heimat der Wirklichkeit nicht stand hielten. Erste Kritik, Zweifel, Skepsis an der Ideologie kamen auf, wie Du in vielen Beispielen schilderst. Aber Kultur ist eben viel mehr als nur ein durch eine Ideologie geschaffenes Weltbild, sondern wird gefühlt und absorbiert durch das erlebte Umfeld. Gerüche, Geräusche, Farben, Pflanzen und Tiere, die Kirche im Dorf, der Kegelclub, ja selbst die Schlaglöcher auf der Straße werden zur Vertrautheit und fließen ins Heimatgefühl ein.
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(19. Dezember 2014)
August der Starke, die Sachsen und Pegida
Dennoch sind sie von ihr, der Geschichte, geprägt. Sie vermittelt sich in unseren Verhaltensweisen, wie wir sparen, investieren, konsumieren, studieren und arbeiten. Wie wir wohnen, wie wir unsere Kinder erziehen und was wir ihnen für Geschichten erzählen. Dresdner Christstollen, Herrnhuter Weihnachtsstern, Nussknacker und Weihnachtspyramide erzählen uns, passend zur Jahreszeit, ebensoviel. Es ist mehr als Lokalkolorit, weil die Geschichten drum herum uns unsere Umgebung oder Heimat erklären und immer auch gemachte Erfahrungen der Vergangenheit transportieren.
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(10. Februar 2015)
Wer flüstert in der Öffentlichkeit?
„Warum flüstert ihr DDRler immer so“, dies fragte eine Verwandte die mich 1983 im Notaufnahmelager in Gießen besuchte. Wir befanden uns im Speisesaal, nicht zur Essenszeit, doch einige Tische in der näheren Umgebung waren besetzt, und überall befanden sich Flüchtlinge oder Ausgereiste aus der DDR. Insgesamt war das Lager aber nur zu einem Bruchteil belegt, die großen Ausreisewellen sollten noch folgen.
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(18. Februar 2015)
Deutsche Rollenspiele
Irgendwann zu Beginn der 90er Jahre, so erinnere ich mich, hatte ich in einem Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses in Stuttgart-Heslach zu tun. Die Fenster, herrliche alte mit Rundbögen und vielen Sprossen, zeigten in den Hinterhof. Kinder spielten dort und als ich eine Pause machte, eine Zigarette am offenen Fenster rauchte, beobachtete und belauschte ich diese. Sie waren so in ihr Spiel vertieft, dass sie mich nicht mitbekamen. Es war kein Spiel welches irgendwelche Regeln brauchte, wie beim Fußball oder 'Himmel und Hölle', sondern eher ein Kreativ- und Rollenspiel. Verwandlungen geschahen und die dargestellten Rollen reflektierten sozusagen die Phantasie der Kinder, oder auch ihre Vorstellungen einer für sie imaginären Welt oder Personen. Das Spiel hieß: »Wir sind Deutsche«.
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(28. März 2015)
Ein politisierter Osterstrauß
1982 in einer Kreisstadt im südwestlichen Sachsen, damals zum Bezirk Karl-Marx-Stadt gehörig. Ich hatte eine Vorladung zum Gespräch ins Ministerium des Inneren bekommen. Nicht per Brief, sondern eines Tages standen zwei Herren, eigentlich unauffällig aussehend und in Zivil gekleidet, an der Tür und überbrachten mir die Vorladung lediglich mündlich. Der Grund war klar, einige Wochen vorher hatten meine damalige Frau und ich einen Ausreiseantrag gestellt. Zwar war dieses Ministerium des Inneren nicht die Stasi, doch wir wussten, dass wir von nun an genau mit dieser zu tun hatten.
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(19. Oktober 2015)
Die Heimatfremdlerin
Mit der Heimat hat sie sich nie ausgesöhnt, bis heute nicht, obwohl sie nun in die Jahre gekommen ist, wie man so sagt. Die Personen, die Gebäude, die Gerüche, irgendwas versuchte immer in sie einzudringen, etwas von ihr zu rauben, sie in ihrer Bewegungsfreiheit zu behindern. Nur das Fremde erzeugt jenes wohlig zufriedene Gefühl, nach dem sie sich auch sehnt. Doch das Fremde will nichts von der Heimatfremdlerin, es lässt sie in Ruhe. Deshalb möchte sie am liebsten die ganze Welt umarmen, und ihr danken für die Freiheit. Andere glauben ein Zuhause nötig zu haben, und mauern sich dabei ein, bauen sich ihr eigenes Gefängnis, in dem sie ihr eigentliches Wesen verlieren.
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(21. Oktober 2015)
Über die Heimat
Als 1861 Robert E. Lee das Oberkommando des Unionsheeres angeboten bekam, lehnte er dankend ab, mit den Worten, dass er sein Schwert nicht gegen seinen Heimatstaat erheben könne. Seiner Schwester schrieb er: „I have not been able to make up my mind to raise my hand against my relatives, my children, my home.“ Seine Heimat, Virginia, war ihm wichtiger und näher als die Vereinigten Staaten von Amerika. Gleiches gilt auch anderenorts. Dem Aufruf Kaiser Wilhelm ll „Zu den Waffen“ folgten 1914 begeistert nicht nur solche, die deutsche Großmachtsträume hatten, sondern auch diejenigen, die eigentlich Gegner der Monarchie waren. Nun ging es um die Verteidigung der Heimat, nicht um Kolonien, so dass sogar die Mehrzahl der Sozialisten dem Aufruf Wilhelms folgte. Zwei Beispiele nur, die deutlich machen, welche Kraft Heimat entwickeln kann.
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(18. Dezember 2015)
Die Grenzenlose
Kürzlich allerdings, im Zug nach irgendwo, wurde sie auf ihren Dialekt angesprochen und jemand fragte sie: „Welche Landsmännin sind sie?“ Sie gab Auskunft und erzählte von ihrer Kindheit. Dabei fühlte sie sich so, als ob sie von einer großen Reise nach Hause zurück gekehrt sei. Der große universale Geist war auf einmal verschwunden, der Ort in welchem der Dialekt ihrer Kindheit gesprochen wird, ließ sie, selbst in der Erinnerung, wieder als Individuum erscheinen.
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(11. April 2016)
Graffiti, Windmühlen und die Beherrschung des Raumes
Die Inbesitznahme von Räumen geschieht durch gekennzeichnete Dinge die entsprechend platziert werden. Schon immer. Irgendwelche in Stein geritzte Graffiti aus längst vergangenen Jahrtausenden sagen dies ebenso. Freilich wachsen derartige Kennzeichnungen manchmal über sich selbst hinaus, bekommen künstlerische Bedeutung, denken wir nur an die Höhlenmalereien von Lascaux. Oder an Kirchtürme und repräsentative Gebäude, die nicht nur einen Zweck erfüllen und einen Innenraum vom Außenraum abgrenzen, sondern in den Außenraum hinein wirken und ihn beanspruchen. Genau das ist ja auch eine der Hauptaufgaben von beispielsweise Kirchtürmen oder Minaretten, sie sollen nach außen wirken, den Raum in Besitz nehmen, ihn bestimmen. Immer ist damit die Machtfrage verknüpft: Hier sind wir stark, hier gelten unsere Regeln und Werte.
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(17. Mai 2016)
Die Baummenschen
Fürs Wohlergehen des Baummenschen ist am wichtigsten was man nicht sieht, was unter der Erde, unter der Oberfläche ist. Stimmt dort irgendwas nicht, ist das Erdreich vielleicht zu locker oder zu fest, zuwenig oder zuviel Wasser, keine Pilzgeflechte vorhanden, so verkümmert er. Geht es aber seinen Wurzeln gut, so fühlt er sich wohl. Nicht minder wichtig ist ihm natürlich das Licht, das passende Klima, oder ob er seiner Art gemäß in den Bergen oder in der Ebene steht. Kurz, er ist mit seiner unmittelbaren Umgebung verbunden, kennt dort alles und kann seine Kraft und seinen Charakter nur dort entwickeln wo er hin gehört.
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(21. August 2016)
Die Mauer - ganz persönlich
Die Mauer habe ich nicht nur überlebt, ich habe sie auch 1983 besiegt, als ich die DDR physisch hinter mir ließ. Die inneren Kämpfe gehen aber weiter: Wie kann ich meinen Eltern vergeben, dass sie sich nicht mit mir vom Acker gemacht haben, als es die Möglichkeit dafür noch gab? Protestieren und gegen die Missstände kämpfen hätten sie ja gar nicht müssen. Sie taten es nicht und sie blieben dort, sie richteten sich ein im Gefängnis. Wie ordne ich ihren Opportunismus ein, ihr Mitläufertum? Eigentlich sind es die gleichen Fragen die die 68er bewegten. Nur will ich einen anderen Weg einschlagen, will mich zwingen zu verstehen, und nicht die heutige Gesellschaft für ihre Vergangenheit verachten. Wenigstens darin möchte ich mich von den 68ern ff unterscheiden, wenn es auch sonst so viele Gemeinsamkeiten gibt, was zuzugeben mir eher unangenehm ist.
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(11. Mai 2017)
Warum Leitkultur?
Alle weiteren Begriffe, wie Nation oder Nationalität, Verfassungs- oder sonstiger Patriotismus, sowie die Kultur, bauen erst auf der Selbstbetrachtung des Individuums in seiner Umwelt auf, in seiner Heimat oder seinem Zuhause. Zumindest bei Individualisten, die die zum Kollektivismus neigen, mögen ihre Heimat (teils) in den jeweiligen Ideologien gefunden haben. Das ist kein Widerspruch, es gibt eben eine materielle oder physikalische Heimat, und eine ideelle oder imaginäre. Wichtig ist nur der identitätserklärende Charakter. Auch schön am Ausspruch der Kanzlerin zu sehen, als sie sagte: „dann ist das nicht mehr meine Heimat!“ Und dabei von ihrer imaginären Heimat sprach.
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(5. Oktober 2017)
Ein neues Sinnbild für Deutschland
Diese dreifache Verbindung, Kultur - Mentalität - Volk, wurde vom Bürgertum und vom Konservatismus in der alten BRD verschämt verschwiegen, es wurde andere Begriffe gesucht, andere Bedeutungen, um ja nicht auszusprechen was offensichtlich ist. Der wohl peinlichste Begriff in diese Richtung ist »Verfassungspatriotismus«. Diesen gibt es natürlich, gewissermaßen bin auch ein solcher Patriot, er ist aber nur ein kleiner Teil der Kultur. Genau genommen ist die Verfassung eine Urkunde, oder ein Gesetz, welches einer Gruppe, hier Volk, Souveränität garantiert und trotz aller sonstigen Unterschiede und Konflikte eine zivile Normalität schafft. Die Verfassung ist also das Produkt, die Frucht von Kultur, Mentalität und Volk, und nicht der Beginn davon.
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(28. November 2017)
Der Einwanderer als Frontier
Es waren also die Menschen denen wir folgten, sie waren für uns so was wie Frontiers, also Personen die sich in zwei Kulturkreisen auskannten, sie sind sozusagen die Einwanderer der ersten Generation. Diese Personen wirken immer wie Magnete auf andere Menschen, solchen die sich der Überlegung hingeben ihr persönlich örtlich gebundenes Leben zu verändern. Ob der Anlass dieser Veränderung eine Flucht ist oder nur der Wunsch nach Verbesserung der Lebenssituation, spielt dabei keine große Rolle.
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(18. Juli 2018)
Ein Tag am See
Gruppenidentitäten werden gerne, gerade von jungen Männern, in aggressiver Art und Weise zu Schau gestellt, insbesondere wenn dann noch Alkohol im Spiel ist. Hier kam aber eine Komponente hinzu, nämlich die Heimat. Volkstümliche Gesänge aus einer anderen Gegend, als der in der sie sich befinden, können nämlich zweierlei wirken. Als Erinnerung woher man kam und gleichzeitig als Bestätigung für die eigene Identität, oder, und das war hier der Fall, als aggressiver Akt der Inbesitznahme eines Gebietes. Was unterscheidet diese Party eigentlich von dem Marsch der Oranier durch Belfast, fragte ich mich. Auch hier geht es darum, auf einem fremden Gebiet eigene, eine andere, Identität zur Schau zur stellen, um Macht zu demonstrieren. Fußballfans verhalten sich bei Auswärtsspielen ihrer Mannschaft oft ebenfalls nicht anders.
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(4. Januar 2019)
Die Anhöhe
Im Dreieck zwischen Sielmingen, Wolfschlugen und Harthausen, einem überschaubaren Gebiet auf der Filderebene, also südlich von Stuttgart gelegen, gibt es eine kleine Anhöhe, von der sich sowohl meine Frau, als auch ich, uns vorstellen könnten, dort wohnen zu wollen. Natürlich ist es nicht möglich, es ist kein Bauland, nur Landwirtschaft scheint hier erlaubt. Freilich gibt es auch schönere Plätze für meine Frau, denn sie will die Lichter in der Nacht sehen und jedes Mal freut sie sich daran, wenn wir von Degerloch kommend, in Richtung Stuttgarter Talkessel fahren. Mir allerdings graust es vor der Vorstellung, hier wohnen zu müssen, möchte lieber raus aus der Stadt, lieber in die Berge, ans Meer, in eine weite Ebene, egal, Hauptsache die Lichter der Menschen sind weit weg.
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(29. Mai 2019)
Die Heimat der Grünen
Die Grünen haben es geschafft, dieses Begehren nach Heimat anzusprechen, dieses Sehnsuchtsgefühl nach Zugehörigkeit und Geborgenheit, welches gleichzeitig dem eigenen ich einen Platz in der Welt zuweist und identitätsbeschreibend ist: Aus der Natur kommst du, du bist Natur, du wirst wieder in die Natur eingehen! Alle Erzählungen von Nachhaltigkeit und biologischen Kreisläufen bedienen diese Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit. Damit haben die Grünen den „Spatial turn“ geschafft, wie es Sozial- oder Kulturwissenschaftler nennen, wenn der (geografische) Raum (wieder) als kulturelles Gebilde wahr genommen wird, in dem sich die Bipolarität zwischen Verstand und Emotion auflöst und eins wird.
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(13. Juni 2019)
Die Heimat der Grünen – Nachtrag
Wird das Wesen der grünen Ideologie konsequent zu Ende gedacht, insbesondere in der Form wie sie „Nachhaltigkeit“ formulieren, dann wird ein Menschenbild deutlich, dass sozial nicht mehr im Zwischenmenschlichen sieht, im Bezug auf Gemeinschaften und Gesellschaften, sondern in einer Ordnung der Nachhaltigkeit, die von der Natur vorgegeben scheint. Umwelt wird zur Mitwelt, ist also nicht mehr etwas dem Menschen umgebendes, nein der Mensch wird Teil des Systems. Im Grunde muss grüne Ideologie asozial genannt werden, da sie den Bezug des Menschen zu seinesgleichen, also alle sozialen Elemente, als nachrangig gegenüber ihrer Doktrin von der Nachhaltigkeit sieht.
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(24.01.2020)
Wenn Deutschland stirbt
Wenn Deutschland stirbt, was bedeutet es für mich? Nun, ich werde damit klarkommen, mein Vagabundenblut hilft mir wieder dabei, auch wenn das eine Selbstlüge ist. Aber ich hätte meinen Kindern gerne einen Platz gegeben, von dem sie sagen können: da gehöre ich hin. So aber sage ich ihnen: Geht raus in die Welt und sucht euch einen Platz, an dem ihr euer Zuhause bauen könnt!
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Dossier: Heimat
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